Tischuhr mit Malereien im Watteau-Stil
Porzellan, farbiger Aufglasurdekor, Vergoldung. Große Rocaillenkartusche mit plastischen Schilfblättern an den Seiten auf vier massiven Volutenfüßen in Doppel-C-Form. Oben zentral die weibliche Allegorie der Flora, gehüllt in eine purpurne Tuchdraperie. Unter dem runden Ausschnitt für das Zifferblatt und auf den Seiten äußerst fein gemalte höfische Paare im Park. Unglasierter Boden mit Resten einer Blaumarke Schwerter, Pressnummer 28. Verfüllter Brandriss im Boden, ein Arm und ein Fuß der Figur restauriert, ebenso einige Schilfspitzen und die Goldrocaille rechts oben, minimale Chips an den Blüten. H 40,5, B 19,8, T 13,5 cm. Pendulenwerk mit Emailzifferblatt und vergoldeten Messingzeigern hinter gewölbtem Glas, Fadenaufhängung des Pendels, Halbstundenschlag auf Glocke, auf der Platine graviert "Jean Gotthelff Kriedell Varsovie". Die hintere Tür ersetzt.
Meissen, 1742 - 45, das Modell Johann Joachim Kaendler und Johann Gottlieb Ehder, zugeschrieben.
Uhrgehäuse für Taschen und Pendeluhren sind in der Meissener Manufaktur in großen Stückzahlen produziert worden. Die Ausführungen waren höchst unterschiedlich, sowohl im Hinblick auf die Größe als auch auf die Ausstattung. Dieses Exemplar wurde mit drei großen Genreszenen bemalt, für die es Vorlagen von Antoine Watteau und Jean Michel Liotard gab. Als Bekrönung dient ein Figurenmodell, das mit großer Sicherheit von Kaendler für den Abschluss entworfen wurde. Johann Joachim Kaendler hat zahlreiche dieser sitzenden weiblichen Göttinnen geformt, häufig auch als Abschlüsse von Vasen oder für die Deckel von großen Terrinen. Ein Eintrag in seinen Arbeitsberichten vom Juni 1742 verweist explizit auf zwei Uhrgehäuse: "Zwey Formen zu denen Uhr gehäußen Worauf Fügüren befindl. Geändert und den Raum zu den Ziffer Blättern um ein Merckliches Vergrößert, auch die daran befindlichen Ornamente aufs Neue ausgebeßert und aufs beße Wieder brauchbar gemacht." (Pietsch, Leipzig 2002, S. 90)
Provenienz
Auktion Van Ham Köln am 16. November 2013, Lot 1662.
Literaturhinweise
Vgl. Kat. Blütenlese. Meißener Porzellan aus der Sammlung Tono Dreßen, München 2018, S. 105, Nr. 70.
Vgl. Bodinek, Raffinesse im Akkord. Meissener Porzellanmalerei und ihre grafischen Vorlagen, Bd. 2, Dresden 2018, Nr. 385.
Ein nahezu identisches Uhrgehäuse in der Porzellansammlung Dresden (Inv.Nr. PE 99).
Der Uhrmacher bei Baillie, Watchmakers & Clockmakers of the World, London-Edinburgh 5/1966, S. 184.
S.a. Abeler, Meister der Uhrmacherkunst, Wuppertal 2/2010, S. 322.