Bozzetto für ein Denkmal
Ein an eine Säule gefesselter Mann
Terrakotta. Der nur mit seiner Tuchdraperie bekleidete Mann gebeugt auf seiner Rüstung sitzend, gefesselt an eine Säule. Diese dekoriert mit reliefierten gekreuzten Lorbeerzweigen und dem vorne herausragenden Rumpf eines Schiffes. Auf einer fast quadratischen gestuften Plinthe. H 38,2, B 26,2, T ca. 24,5 cm.
Frankreich, Ende 17. Jh.
Der kleine Bozzetto aus gebranntem Ton diente als Studie für eine Skulptur in wesentlich größerem Format in Marmor oder Bronze.
Eine sehr ähnliche Darstellung eines gefesselten Mannes befand sich ursprünglich an dem von Martin Desjardins (1637 - 1694) entworfenen Denkmal für Louis XIV auf der Place des Victoires in Paris. Die vier überlebensgroßen Bronzefiguren vom Fuß des Postaments, die als gefesselte Männer die besiegten Nationen verkörperten, wurden in der Revolution demontiert, befinden sich heute in der Sammlung des Louvre und sind prominent ausgestellt.
In der Galérie d'Apollon des Louvre gibt es einen weiteren vergleichbaren Gefangenen, eine Ausführung in Stuck, die oberhalb des Kranzgesimses angebracht ist. Sie stammt von Thomas Regnaudin (1622 - 1706), der die plastische Ausstattung des großen Saals nach den Entwürfen von Charles Le Brun 1661 - 1663 durchführte.
Diese beiden Vorbilder stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der hier vorgestellten Skulptur und erlauben die Eingrenzung des Bozetto als französische/Pariser Arbeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts.
Der aus der Säule herausragende Schiffsbug mit Rammsporn lenkt den Blick auf die maritimen Ereignisse in Periode. Die Seeschlachten vor der normannischen Küste trugen entscheidend zum Ausgang des Pfälzischen Erbfolgekriegs bei - es waren die ersten herben Verluste, die König Louis XIV hinzunehmen hatte. Die gebeugte, dennoch kraftvolle Männerfigur könnte in diesem Zusammenhang die geschlagene französische Marine personifizieren, die Louis XIV nach 1660 zur stärksten Flotte der europäischen Welt ausgebaut hatte. Es handelt sich also vielleicht um den Entwurf eines Denkmals zu diesem Anlass.
Provenienz
Sammlung Prof. Michael Jaffé.
Seine Erben, bis 2019.