Meister der Crispinuslegende
Anna Selbdritt
Mischtechnik auf Lindenholz. 56,5 x 38 cm.
Unsere aus langjährigem Privatbesitz nun erstmals aufgetauchte Tafel mit der Darstellung der Anna Selbdritt wurde von Anna Moraht-Fromm, Berlin, dem Meister der Crispinuslegende zugeschrieben. Diesen Notnamen erhielt der Künstler nach zwei heute im Wiener Belvedere aufbewahrten Bildtafeln mit der Darstellung der Heiligen Crispinus und Crispinianus in ihrer Schusterwerkstatt (Abb. 1; Inv.-Nr. 4882).
Anfangs stand der Meister der Crispinuslegende noch ganz unter dem Einfluss Albrecht Altdorfers und der Donauschule, später kamen stilistische Anregungen durch Albrecht Dürer und die fränkische Schule sowie durch Lucas Cranach d. Ä. hinzu, die sich auch im vorliegenden Werk manifestieren. Anna Moraht-Fromm vergleicht in ihrem Gutachten unser Gemälde mit Werken von Dürer und Cranach: „Während das verschleierte Haupt der Hl. Anna durch einen Kupferstich Dürers gleichen Themas inspiriert sein dürfte, ist bereits die Maria sowohl auf der Tafel der Anna Selbdritt als auch der Gottesmutter in der Anbetung in Regensburg [Historisches Museum] ganz den Frauentypen Cranachs verpflichtet, wie die Predella des Marienretabels in Halle veranschaulichen kann [Marktkirche zu Halle]. Sie finden wiederholt bei dem Crispinus-Meister Verwendung, so auch auf der doppelseitig bemalten Tafel im Princeton Art Museum [Inv.-Nr. y1954-84]."
Anders als bei älteren Darstellungen sind Anna und Maria auf dem vorliegenden Gemälde in gleicher Größe dargestellt. Während Anna und das Christuskind einander herzlich zugewandt sind, schweift der Blick Mariens ins Unbestimmte, „als sähe sie dort bereits die unausweichlichen Ereignisse der kommenden Passion“ (Anna Moraht-Fromm).
Wir danken Frau Dr. Anna Moraht-Fromm, Berlin, für die Zuschreibung an den Meister der Crispinuslegende und Herrn Prof. Dr. Peter Klein, Hamburg, für die Bestimmung der Holzart durch eine mikroskopische Untersuchung.
Zertifikat
Dr. Anna Moraht-Fromm, Berlin, 6.10.2024.
Literaturhinweise
Zum Künstler siehe: I. Lübbeke: Der Meister der Crispinuslegende - der Maler einer thüringischen Altarwerkstatt, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 38, 1984, S. 14-46.