Gabriel Metsu
Die Kesselputzerin
Öl auf Holz. 24 x 20 cm.
Signiert unten links: G. Metsu.
Diese Darstellung einer Frau, einen Kessel putzend, stellt ein bedeutendes Werk Gabriel Metsus aus seiner frühen Zeit in Amsterdam dar, das um 1655 zu datieren ist. Die Provenienz des Gemäldes lässt sich bis in das Amsterdam des frühen 18. Jahrhunderts, in die Sammlung De Neufville, zurückverfolgen, die zu den bedeutendsten in den Niederlanden zählte und die größten Meisterwerke der holländischen Malerei umfasste.
Das Bildthema ist bescheiden, die malerische Ausführung dafür umso brillanter: Metsu stellt eine Küchenmagd dar, die an einem Fenster stehend einen Kessel putzt, zu ihrer Rechten und Linken hat sie weitere Haushaltsgeräte auf der Fensterbank abgestellt. Während die Magd ihrer Arbeit nachgeht, hat sie den Kopf zum Betrachter gewandt und schaut ihn an. Gabriel Metsu zog Mitte 1654 nach Amsterdam, ein bedeutender Schritt in der Karriere des Künstlers. Seine künstlerische Ausbildung lässt sich nicht exakt rekonstruieren, er lernte wohl bei Anthonie Claesz. de Grebber, Nikolas Knüpfer und Jan Weenix. Ob er auch bei Gerrit Dou, dem führenden Künstler der Leidener Feinmalerei studierte, wie aufgrund thematischer und stilistischer Affinitäten angenommen worden ist, lässt sich nicht sagen; sicher ist jedoch, dass Dou eine wichtige künstlerische Inspiration für den jungen Künstler darstellte, der sich anschickte, den heiß umkämpften Kunstmarkt in der Metropole Amsterdam zu erobern.
Metsu spezialisierte sich in seiner ersten Amsterdamer Zeit auf Genreszenen, wie es etwa auch Gerard ter Borch oder Nicolaes Maes taten. So entstand der Bildtypus der Küchenmägde, die ihrer Tätigkeit im Haushalt nachgehen, zu denen das vorliegende Gemälde zählt. Künstler wie Jan Miense Moleaner und Jacob Vrel hatten derartige Themen behandelt, jedoch mit einer sexualisierten Konnotation. Diese entfällt bei Metsu: Er lässt die männlichen Figuren weg, stellt die Frauen stattdessen als einzelne Dreiviertelfiguren dar und entwickelt so einen neuen, moderneren Bildtypus (Waiboer, op. cit., S. 49). Zu dieser Werkgruppe zählen neben diesem Werk „Die Köchin“ in München (Staatliche Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek); „Eine Küchenmagd, Fisch zubereitend“ in Madrid (Museo Nacional Thyssen-Bornemisza); „Eine Küchenmagd, Äpfel schälend“ in Paris (Abb. 1; Musée du Louvre) sowie „Eine Frau, Wäsche waschend“ in Warschau (Muzeum Lazienky Królewskie, Palac na Wodzie).
All diesen Bildern ist gemeinsam, dass die Einzelfigur der Magd bei ihrer alltäglichen Arbeit gezeigt wird, dabei den Betrachter anblickt und so mit diesem unmittelbar interagiert. Mal ist es die Oberfläche eines Zinnkessels, mal das Fell eines erlegten Hasen, mit dem Metsu, fast beiläufig, dem Amsterdamer Kunstpublikum sein Können vor Augen führt. Aus dieser Werkgruppe ist das vorliegende Gemälde das Einzige, das sich heute nicht in einem großen öffentlichen Museum befindet.
Ein Meisterwerk unter Meisterwerken – Gabriel Metsus Kesselputzerin in der Sammlung De Neufville
Das Jahr 1763 sah mit dem Frieden von Hubertusburg das Ende des Siebenjährigen Krieges – ein freudiges Ereignis, das gleichwohl zu einer internationalen Finanzkrise führte. Die Getreidepreise fielen drastisch, Banken und Handelshäuser konnten Kredite nicht mehr bedienen, in Deutschland und den Niederlanden gingen dutzende Bankhäuser in Konkurs, darunter auch die Gebroeders De Neufville in Amsterdam. So war Leendert Pieter de Neufville gezwungen, seine superbe Sammlung Alter Meister zu veräußern, die er und vor allem sein Vater Pieter Leendert de Neufville aufgebaut hatten.
Die Werke dieser Sammlung würden heute jedem Weltmuseum zur Ehre gereich: Jan Vermeers „Milchmädchen“ (Abb. 1; Rijksmuseum); Frans van Mieris‘ „Allegorie der Malerei (J. Paul Getty Museum); Rembrandts „Portrait des Schiffbauers Jan Rijcksen und seiner Frau Griet Jans“ (Collection of H. M. The King, Buckingham Palace), Govaert Flincks „Jakobssegen“ (Rijksmuseum) oder Nicolas Berchems „Kindheit des Zeus“ (Mauritshuis) neben bedeutenden Werken von Gerard ter Borch, Jan van der Heyden, Nicolas Knüpfer und vieles mehr. Die Sammlung umfasste auch drei Gemälde von Gabriel Metsu, darunter diese Küchenmagd, die einen Kessel putzt; so hing dieses Meisterwerk bis zur Versteigerung der Sammlung zusammen mit anderen atemberaubenden Meisterwerken im Palais an der Herengracht in Amsterdam.
Abb. 1/Ill. 1: Gabriel Metsu, Eine Frau, Äpfel schälend / A Woman Peeling Apples, Musée du Louvre, Paris © bpk | GrandPalaisRmn | Franck Raux.
Abb. 2/Ill. 2: Jan Vermeer, Die Milchmagd / The Milkmaid © Rijksmuseum, Amsterdam.
Provenienz
Pieter Leendert de Neufville um 1752. – Dessen Versteigerung, Amsterdam, 19.6.1765, Lot 64 (Lugt 1470). - Wohl Christie‘s, London 28./29.4.1837, Lot 48. - Rev. J. Clowes, Manchester, um 1842, - Rev. W. Jones Thomas (Llanthomas Hay Breconshire). - Dessen Versteigerung, Christie‘s, London, 9.10.1886, Lot 149. - Dort von Martin Colnaghi erworben. - William James, London, um 1890. - Kunsthändler Daniel Katz, Dieren, von 1935 bis 1938. - Kunsthändler T. Erneking, Arnheim, um 1940. - Sidney J. van den Berg, Wassenaar. - Duits Gallery, London, dort von C. Napper im Februar 1954 erworben. – Christie‘s, London, 1.4.1960, Lot 81. - Dr. H. A. Wetzlar, Amsterdam 1960. - Duits Gallery, London 1961. - Englische Privatsammlung.
Literaturhinweise
G. Hoet: Catalogus of naamlyst van schilderyen, met derzelver pryzen. Zedert een langen reeks van Jaaren zoo in Holland als op andere Plaatzen in het openbaar verkogt…, Den Haag 1752, Bd. 2, S. 513 (gelistet als in der Slg. Pieter Leendert de Neufville: „een Vrouwtje dat een Keetel Schuurt, door [Metzu]. H. 9 en een half d., br. 8 en een half d.” (24,4 x 21,9 cm). - J. B. Descamps: La vie des peintres flamands, allemands et hollandais, avec des portraits gravés en Taille-douce…, Paris 1753-63, Bd. 2, S. 245: „chez M. Leender de Neufville… une Femme qui écure une chaudière“. - G. Hoet und P. Terwesten: Catalogus of naamlyst van schilderyen, met derzelver pryzen…, The Hague, 1770, S. 473. - J. Smith: A Catalogue Raisonné of the Works of the Most Eminent Dutch, Flemish and French Painters […], London 1829-42, vol. 4, S. 100-101, Nr. 87, suppl., S. 523, Nr. 24. - C. Hofstede de Groot: Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen Maler des XVII. Jahrhunderts, Esslingen-Paris 1907, 28, 130a und 212. - F. W. Robinson: Gabriel Metsu (1629-1667). A Study of his Place in Dutch Genre Paintings of the Golden Age, New York 1974, S. 79, Abb. 187. - C. Moiso-Diekamp: Das Pendant in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Frankfurt-Bern-New York 1987, S. 371-2, Nr. D 2. - W. E. Franits: Paragones of Virtue. Women and Domesticity in Seventeenth-Century Dutch Art, Cambridge-New York 1993, S. 96, Abb. 77. - A. E. Waiboer,: “Why Buy a Vermeer when a Metsu is Available”. The Relationship between two Dutch Genre Painters”, in: Ausst.-Kat.: Gabriel Metsu, Dublin-Amsterdam-Washington 2010-11, S. 46. - A. E. Waiboer: Gabriel Metsu. Life and Work, New Haven / London, 2012, Nr. A-36, S. 49 (Abb.) und S. 185.
Ausstellung
London, Royal Academy, 1890, no.94 (Leihgabe William James). - Cinq siècles d’art (exposition universelle et internationale de Bruxelles), Brüssel, 1935, Nr. 744. - Tentoonstelling van schilderijen door Oud-Hollandsche en Vlaamsche meesters waaronder beroemde meesterwerken als Rembandt, Frans Hals, Jan Steen enz. Enz. uit de collectie der Fa D. Katz te Dieren, Rotterdamsche Kunstkring, Rotterdam, 1935, Nr. 40. - D. Katz. Tentoonstelling van 16de en 17de eeuwsche Hollandsche en Vlaamsche schilderijen…, Amsterdam, 1938, Nr. 43.