Alexej von Jawlensky
Meditation May 1935 N. 10
1935
Öl auf leinenstrukturiertem Karton, auf Unterkarton montiert. 17,5 x 12,6 cm (32,6 x 25 cm). Gerahmt. Unten links rot nummeriert 'A.J.' und rechts datiert '35'. Auf dem Unterkarton unten links mit Tinte von Lisa Kümmel datiert "V 1935" und bezeichnet "N [...]". Rückseitig mit Tinte signiert, beschriftet und nummeriert 'A. Jawlensky 1935 Mai N 10. J.'. - Farbfrisch und sehr gut erhalten. In der oberen rechten Ecke mit einer winzigen unauffälligen Kratzspur. Der Unterkarton in den Ecken etwas bestoßen und minimal verschmutzt.
Die monogrammierten und 1935 bzw. 1936 datierten Gemälde „Meditation“ und „Große Meditation“ gehören zur letzten bedeutenden Werkgruppe Jawlenskys, den Meditationen. Mit ihnen schloss er eine Entwicklung seines Schaffens ab, die mit den farbintensiven Köpfen begonnen hatte, und die über die „Mystischen Köpfe“ und „Abstrakten Köpfe“ der 1920er Jahre eine fortschreitende farbliche und kompositorische Reduktion erfuhr. Jawlensky selbst hatte sie als Krönung und in ihrer formalen Konzentration als Quintessenz seines Schaffens betrachtet: „Die letzte Periode meiner Arbeiten hat ganz kleine Formate“, schreibt er, „aber die Bilder sind noch tiefer und geistiger, nur mit der Farbe gesprochen. Da ich gefühlt habe, dass ich in Zukunft infolge meiner Krankheit, nicht mehr werde malen können, arbeite ich wie ein Besessener an diesen meinen kleinen Meditationen“ (zit. nach: „Alexej Jawlensky“, Ausst. Kat. München/Baden-Baden 1983, S. 292).
Beide Werke zeigen den charakteristischen, strengen Bildaufbau, ein Gerüst aus waagerechten und senkrechten Balken, die die Augenpartie, die Nase und den Mund markieren. Parallele, farbige Pinselzüge füllen die linke und rechte Gesichtshälfte aus. Viele der seit 1935 entstandenen Meditationen sind ungewöhnlich dunkel und besitzen – wie die beiden zum Aufruf kommenden Werke – jene geheimnisvolle Tiefe, die Annegret Hoberg mit Jawlenskys empfundener Gläubigkeit begründete: „Diese Köpfe bedeuteten für Jawlensky […] in ihrer seriellen Reihung weit mehr als formale Studien des abstrahierten menschlichen Gesichts. Das Antlitz des Menschen wurde für ihn ein Medium für die Erfahrung von Transzendenz, die immer wieder variierte Abwandlung der einmal gefundenen Grundform in seine Malerei ‚ein Weg zu Gott‘.“ (in: Helmut Friedel/Annegret Hoberg, Der Blaue Reiter im Lenbachhaus München, München 2004, Nr. 87). Wie keine andere Werkgruppe Jawlenskys zeugen die Meditationen vom ungeheuren Willen, mit dem er trotz der zunehmend schmerzhaften Gelenkversteifung seine Gemälde ‚niederschrieb‘.
Werkverzeichnis
M. Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/A. Jawlensky 1639
Zertifikat
Wir danken Angelica Jawlensky Bianconi, Muralto, für freundliche Hinweise.
Provenienz
Nachlass des Künstlers; Galka Scheyer, Hollywood, CA (in Kommission vom Künstler 1935); Compulsory auction, San Francisco 1954, Lot 9, Nr. 80; Landau Galleries / Orrel P. Reed, Jr., Los Angeles; Privatsammlung; Serge Sabarsky Gallery, New York; Wolfgang Ketterer, München, 26. November 1979, Auktion 36, Lot 882, Abb. S. 166; Privatsammlung Bayern