Leo von Klenze
Ansicht von Atrani bei Amalfi
1834
Öl auf Leinwand (doubliert). 75 x 100 cm.
Monogrammiert und datiert unten rechts: LK 1834 (Jahreszahl inzwischen schwer lesbar).
Amalfi, Atrani, Ravello, Maiori – Leo von Klenzes Gemälde und Zeichnungen zeugen von seiner ausgeprägten Zuneigung für die Städte an der Küste von Amalfi. Was sie so faszinierend für ihn machte, zeigt exemplarisch diese Ansicht von Atrani.
Atrani ist der östliche Nachbar Amalfis auf der Halbinsel von Sorrent, eine kleine Stadt, auf engstem Raum zwischen dem Meer und den steilen Felsen im Tal des Dragone errichtet. Im Mittelalter kam die Stadt als Teil der Seerepublik zu großem Wohlstand, in ihrer Kirche San Salvatore al Brieto fand die Investitur des Dogen statt. Die Vorzeichnung zu diesem Gemälde hat sich erhalten (Abb. 1) und ermöglicht eine Rekonstruktion der Bildgenese. Zeichnung und Gemälde zeigen den Blick auf Atrani vom Wasser aus, man sieht die hohe Brücke, die an der Küste entlangführt, die Häuser, die förmlich am Hang kleben, den Turm der Kirche Santa Maria Maddalena, all dies wird überragt durch die mächtigen hohen Felsen. Es gibt eine erstaunliche Abweichung im ausgeführten Gemälde: Dort hat Klenze im Vordergrund die Küste zu einem Fluss abgewandelt, was den Kontrast zwischen Nah und Fern, zwischen dem Landstreifen im Vordergrund und der Stadt im Hintergrund, steigert und die Hanglage der Stadt verstärkt.
Das Gemälde wurde 1834 ausgeführt und im selben Jahr im Münchner Kunstverein ausgestellt. Die Bleistiftzeichnung ist auf den 13. Mai (1830) datiert und ist somit vier Jahre vor dem Gemälde entstanden, was charakteristisch ist für das malerische Werk Klenzes (Lieb, op. cit., S. 49). Faszinierenderweise können wir anhand der Skizzen Klenzes nachvollziehen, wie er in jenen Tagen wandernd die Küste von Amalfi und ihre Umgebung zeichnend sich erschloss: 10. Mai: Blick auf Amalfi und Ansicht des Kapuzinerklosters; 12. Mai: Ansicht von Atrani; 13. Mai: Die Bucht von Amalfi, eine Straßenszene in Amalfi, der Weg von Amalfi nach Conga, eine weitere Ansicht von Atrani, diesmal zusammen mit Maiori; 14. Mai: Felsenriffe am Meer etc. etc.
Was Leo von Klenze an Atrani und der Küste von Amalfi begeisterte, zeigt der Vergleich mit anderen gemalten Ansichten Italiens von seiner Hand. Es fällt auf, dass er oftmals jene Städte und Monumente für bildwürdig hielt, die an steilen Hängen oder auf extremen Anhöhen errichtet wurden: der Hafen von Pirano (ein Geschenk an Bertel Thorvaldsen), der Dom zu Amalfi, das Castel von Massa in Carrara, der Monte Sacro von Varese oder eben Atrani. Oft sieht man Figuren die steilen Treppen zu Kirchen emporsteigen oder die ineinander verschachtelten Häuser sich in die Höhe türmen – Klenze faszinierte offensichtlich dieses dichte Nebeneinander von Natur und Stadtbaukunst, die Vertikalität der Architektur, die er in seinen Bildern durch eine extreme Untersicht bewusst steigerte. So kommen bei der Betrachtung der Ansicht von Atrani manche Bauten Klenzes in den Sinn, die (Alte) Pinakothek mit ihren eindrucksvollen Treppen etwa oder die Walhalla, die über der Donau thront.
Provenienz
Hippolyt von Klenze (1814-1888), Sohn des Künstlers. - Irene Atheneis von Klenze, verh. Gräfin Courten (1850-1916). - Familienbesitz Courten bis 1960. - 1960 Schenkung des Gemäldes an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (Inv.-Nr. 13077). - 1968 Rückgabe des Gemäldes auf Wunsch der Schenkenden. - Privatbsitz Schweiz. - Neumesiter München 25.09.2019, Lot 158. - Dort erworben.
Literaturhinweise
Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunstvereins für das jahr 1834, München 1835, S. 40, Nr. 118. - O. Hederer: Leo von Klenze, München 1964, S. 168, 385, 415, Nr. 7. - N. Lieb u. F. Hufnagl, Leo von Klenze, Gemälde und Zeichnungen, München 1979, S. 98, Nr. G 34.
Ausstellung
Kunstverein München, 1834.