Lot 1030 D α

Willem Kalf - Großes Vanitas Stillleben

Auktion 1266 - Übersicht Köln
17.05.2025, 11:00 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert Teil I
Schätzpreis: 300.000 € - 400.000 €
Gebot

Willem Kalf

Großes Vanitas Stillleben

Öl auf Leinwand (doubliert). 113,5 x 95 cm.
Signiert unten links auf einem Faltenzipfel des weißen Tuchs: WKALF.

Dieses eindrucksvolle Gemälde ist eine wichtige Ergänzung zum Frühwerk des Stilllebenmalers Willem Kalf. Es handelt sich vermutlich um eines der frühesten Beispiele dieses Bildtypus von der Hand des Künstlers.
Willem Kalf wurde in Rotterdam geboren, wo er am 3. November 1619 getauft wurde. Wenig ist über sein frühes Leben und seine Ausbildung bekannt. Im Jahr 1638 ist er in Den Haag registriert, bereits im November 1640 befindet er sich jedoch gemäß einem Rechtsdokument „außer Landes.“ Im Jahr 1642 wird er zum ersten Mal in Paris erwähnt, wo seine künstlerische Karriere Fahrt aufnimmt und wo er bis 1645/46 bleiben sollte, bevor er in die Niederlande zurückkehrt. Später lebt Kalf in Hoorn, im Jahr 1653 in Amsterdam, wo er außerordentlich erfolgreich ist mit seinen eleganten Stillleben mit kostbaren Objekten, orientalischen Teppichen und dunklen Hintergründen. Er stirbt 1693 in Amsterdam nach einem Sturz.
In Paris malte Willem Kalf eine Reihe kleiner Tafeln, ländliche Interieurs mit Gemüsestillleben und Küchenutensilien, wohl sein erster Bildtypus, auf den er sich spezialisiert. Von größerer Bedeutung waren jedoch die großen opulenten Stillleben, vornehmlich auf Leinwand, von denen das vorliegende neu entdeckte Gemälde eines der frühesten Beispiele darstellt. Es wird 1641 oder 1642 entstanden sein. Eine Reihe der dargestellten Objekte sind ohne Zweifel französisch, etwa der Silberkrug, das Gebäck in quadratischer Form und die mit blauer Schleife geschmückte Schachtel mit kandierten Früchten, die allesamt in einem etwas später entstandenen Werk aus Kalfs Pariser Schaffenszeit auftauchen (Abb. 1; J. Paul Getty Museum, Malibu, Inv.-Nr. 54.PA.1). Gleichwohl war Kalfs Inspiration für dieses Gemälde offensichtlich nach wie vor holländisch. Vor seinem Aufenthalt in Paris könnte der Künstler eine Zeit in Antwerpen verbracht haben, wo Jan Davidsz. de Heem (1606-1684) sich einige Jahre zuvor niedergelassen hatte und Bilder malte, die zu den großen opulenten Stillleben der ersten Hälfte der 1640er Jahre führten. Kalfs weiße Serviette in diesem Stillleben steht in Bezug zu Servietten, die de Heem ab der Mitte der 1630er Jahre malte (Privatsammlung, signiert und 1635 datiert, 93,5 x 74,5 cm). Kalfs Komposition könnte auch von Werken des Amsterdamer Künstlers Jan Jansz. den Uyl (1595/96-1639) inspiriert sein, der ebenfalls Nischen im Hintergrund seiner Stillleben platzierte, in denen große weiße Servietten eine wichtige Rolle spielten. De Heem, den Uyl und einige andere holländische Vorläufer Kalfs stellten eine halb geschälte Zitrone auf einem Zinnteller in ihren Gemälden dar. Eine sehr ähnliche Zitrone wie im vorliegenden Bild findet sich in einem kleineren Stillleben Kalfs, das als eines seiner frühesten Pariser Werke gilt (Kunsthandel 1983, signiert, 45,7 x 61,1 cm). Im vorliegenden wiederentdeckten Gemälde manifestiert sich bereits Kalfs Faszination für den Glanz auf metallenen und gläsernen Objekten, ein Bildelement, das er in seinen späteren holländischen Werken weiterverwenden sollte. Durch die umfassende Beherrschung der Maltechnik und die überzeugende, strenge Komposition in diesem Gemälde demonstriert Willem Kalf, der zu jener Zeit in seinen frühen 20ern war, dass er ein außerordentlich talentierter und versierter Stilllebenmaler mit einem enormen künstlerischen Potential war.

Fred G. Meijer, Amsterdam

Willem Kalf, Stillleben mit Kanne, Gefäßen und Granatapfel © J. Paul Getty Museum.

Provenienz

Seit vier Generationen in süddeutscher Privatsammlung.