Lot 1033 D α

Jan Davidsz. de Heem - Stillleben mit Blumen und Früchten auf einer Steinkonsole

Auktion 1266 - Übersicht Köln
17.05.2025, 11:00 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert Teil I
Schätzpreis: 1.000.000 € - 1.500.000 €
Gebot

Jan Davidsz. de Heem

Stillleben mit Blumen und Früchten auf einer Steinkonsole

Öl auf Leinwand. 87,3 x 67,2 cm.
Signiert unten rechts: J:D.de Heem f R.

Dieses Blumenstillleben ist eine spannende und sehr wichtige Ergänzung des bekannten Œuvres von Jan Davidsz. de Heem. Es war bis vor kurzem völlig unbekannt und fehlt daher in der gesamten Literatur über den Künstler ebenso wie in der allgemeinen zur Blumenstilllebenmalerei. Das Gemälde scheint in keiner schriftlichen Quelle verzeichnet zu sein. Der Familienüberlieferung zufolge wurde es vor mehreren Generationen in Italien erworben und gelangte in die Sammlung eines der Erben nach Deutschland.
Es ist ein hervorragendes Beispiel für de Heems späteren, äußerst kunstvollen Blumenbilder. Seine Echtheit wird durch die authentische Signatur unten rechts in einer für die Ausführungszeit charakteristischen Kalligrafie bestätigt. Außerdem ist der Erhaltungszustand des Gemäldes außergewöhnlich. Man kann nur anmerken, dass, wie bei fast allen Blumenbildern aus dieser Zeit, das Orpimentgelb unweigerlich verblasst ist, wodurch das leuchtende Gelb der Sonnenblume und einiger kleiner Rosen verschwunden und nur noch der orangefarbene Grund zu sehen ist.

Jan Davidsz. de Heem war einer der begabtesten, vielseitigsten und einflussreichsten Stilllebenmaler des siebzehnten Jahrhunderts. Er wurde in Utrecht geboren, zog 1625 nach Leiden und verließ diese Stadt 1631, vermutlich in Richtung Amsterdam. Von 1636 bis ca. 1658 arbeitete er in Antwerpen, um dann wieder in seine Heimatstadt Utrecht zurückzukehren. Nach dem Einmarsch der Franzosen in Holland im Jahr 1672 zog er wieder nach Antwerpen, wo er im Februar 1684 begraben wurde.
Obwohl de Heem vor allem als Maler von Blumenstillleben bedeutend ist, wandte er sich erst spät diesem Genre zu, und zwar nach seiner Rückkehr nach Utrecht. Bis einschließlich 1655 datierte er seine Werke regelmäßig, was eine detaillierte Rekonstruktion ihrer Chronologie bis zu diesem Jahr ermöglicht. Danach datierte er nur noch ein einziges Stillleben, und zwar 1675 (Auktion London, Sotheby's, 5. Dezember 2007, Los 38), so dass die Chronologie seiner Gemälde nach 1655 immer etwas hypothetisch bleibt.
Dieses neu entdeckte Blumenstillleben, das zu den besten Gemälden de Heems in diesem Genre zählt, fügt sich nahtlos ein in eine Gruppe von Blumenbildern des Künstlers mit Sonnenblumen an der Spitze, die meines Erachtens nach seiner Rückkehr nach Antwerpen, wahrscheinlich um 1674, entstanden sind. Alle diese Gemälde befinden sich derzeit in Privatsammlungen, wobei zwei als Dauerleihgaben in der National Gallery in London zu sehen sind (Abb. 2; Christie's, London, 3.12.2013, Lot 5 sowie eine weitere Dauerleihgabe aus englischem Privatbesitz Inv.-Nr. L1207).
Ich glaube, dass das vorliegende Gemälde innerhalb dieser Gruppe als letztes entstanden ist. Es steht in Stil und Ausführung einem Gemälde im Museum der bildenden Künste in Leipzig (Abb. 3; Inv.-Nr. 653) näher als die anderen, und dieses Leipziger Bild weist bereits auf das Stillleben von 1675 hin.
De Heem verwendete in diesem Strauß eine Vielzahl von Blumen, von den beliebten geflammten Tulpen, weißen Lilien und weißen und rosafarbenen Rosen bis hin zu einfachen Feldblumen wie Morgenlatte, Gänseblümchen, Mohn, Disteln und Doldenblütlern, kombiniert mit afrikanischer Ringelblume, Iris, Pfingstrosen, Geißblatt und Schneeball. Außerdem hat er Mais, Brombeerzweige, Weizenähren und ein Kohlblatt in den Strauß integriert. Die Stängel in der gläsernen Vase sind ein ebenso wichtiger Bestandteil der Komposition. Auf dem Sims hat er eine Reihe von Pflaumen, Hagebutten und einen Maulbeerzweig platziert und so dem Blumenstillleben Aspekte eines Obststilllebens hinzugefügt. Belebt wird die Komposition durch eine Vielzahl kleiner Lebewesen, eine Kreuzspinne, verschiedene Schmetterlinge und Falter, Raupen, eine Libelle sowie eine Hummel. Wie in all seinen Bildern hat de Heem auch hier jedes Detail mit größtmöglicher Präzision beobachtet und ausgeführt, was das Gemälde für Liebhaber der schönen Malerei, Botaniker und Entomologen gleichermaßen spannend macht. So schlägt es mühelos eine Brücke zwischen den Liebhabern des 17. Jahrhunderts und denjenigen des 21. Jahrhunderts.

Fred G. Meijer, Amsterdam


Abb. 1: Paulus Pontius nach Jan Lievens, Portrait Jan Davidzs. de Heem © Rijksmuseum, Amsterdam.

Abb. 2: Jan Davidsz. de Heem, Blumen in einer Glasvase auf einem Marmorsockel, National Gallery, London, Dauerleihgabe der Sammlung Janice and Brian Capstick © Bridgeman Images.

Abb. 3: Jan Davidsz. de Heem, Blumenstillleben © bpk | Museum der bildenden Künste, Leipzig | Ursula Gerstenberger.

Zertifikat

Dr. Fred G. Meijer, Amsterdam, 16.9.2021.

Provenienz

Alte deutsche Privatsammlung.

Literaturhinweise

F. G. Meijer: Jan Davidsz. de Heem 1606-1684, 2 Bde, Zwolle 2024, Bd. 1, S. 427, Abb. 460 (ganzseitige Farbabb.), Bd. 2, S. 658-9, Kat.-Nr. 261. - F. G. Meijer: Opulence Distilled. The Still Lifes of Jan Davidsz. de Heem (Ausst-Kat. Antwerpen, Snijders & Rockoxhuis, 27.4.-1.10.2024), Nr. 35, S. 165, ganzseitige Farbabb. S. 167.

Ausstellung

Opulence Distilled. Masterpieces from the Œuvre of Jan Davidsz. de Heem, Antwerpen, Snijders & Rockoxhuis, 27.4.-1.10.2024, Nr. 35.