William Nelson Copley
Intolerance
1982
Acryl auf Leinwand. 92 x 74 cm. Gerahmt. Signiert und datiert 'cply 82'. - Mit Atelier- und geringfügigen Altersspuren.
Mit „Intolerance“ schafft William N. Copley eine Szenerie, die ebenso spielerisch wie subversiv mit den Kategorien von Geschlecht, Identität und Konformität umgeht. Im Zentrum steht eine vertikal geteilte Figur: Die linke Körperhälfte ist ein nackter Frauenkörper mit blondem Haar, die rechte ein männlicher Anzugträger mit Melone – ein typisches Motiv aus Copleys ikonografischem Repertoire. In ihrer stilisierten Form, den rundlichen Gliedmaßen und dem Verzicht auf individuelle Gesichtszüge verweist die Figur auf kulturelle Archetypen, die hier ironisch demontiert werden.
Flankiert wird die zentrale Gestalt von zwei weiteren Figuren: links eine männliche Körperhälfte, rechts eine weibliche – jeweils exakt entlang des Bildrands geteilt. Die Wiederholung der Teilung verstärkt die Wirkung der fragmentierten Identität; die duplizierten Charaktere – steifer Anzugträger und körperbetonte, nackte Frauenfigur – veranschaulichen die Reduktion beider Geschlechter auf klischierte Rollenbilder. Zugleich rückt die Wiederholung die Serialität gesellschaftlicher Muster ins Zentrum der Bildaussage.
Die rhythmische Reihung der Figuren, kombiniert mit der ornamentalen Tapete im Hintergrund und dem Holzdielenboden, betont die flächige, artifizielle Räumlichkeit des Bildraums, der beinahe theatralisch wirkt. Copley selbst verglich seine Bildsprache mit den Prinzipien der Commedia dell’arte – einer Form des italienischen Stegreiftheaters, die ab dem 16. Jahrhundert Verbreitung in Europa fand und mit festen Typen und Masken operierte. Auch seine Figuren erscheinen als stereotype Rollencharaktere: reduziert, überzeichnet, wiedererkennbar – und gerade dadurch offen für Interpretation. (Vgl. William N. Copley: LXCN / CPLY, auf: Artrabbit.com, https://www.artrabbit.com/events/william-n-copley-lxcn-cply (letzter Aufruf: 11.04.2025)
In Copleys Werk verbinden sich die grafische Klarheit der amerikanischen Pop-Art mit der symbolischen Vielschichtigkeit des europäischen Surrealismus. Die scheinbar naive Darstellung ist in Wahrheit hochreflektiert – seine Figuren agieren zwischen Traum, Begehren und kulturellem Rollenspiel. „Intolerance“ zeigt exemplarisch, wie Copley diese Einflüsse zu einer eigenständigen Bildsprache verdichtet.
Zertifikat
Die vorliegende Arbeit ist im Estate of William N. Copley, New York, registriert.
Provenienz
Nolan/Eckman Gallery, New York (mit rückseitigem Aufkleber); Galerie Fred Jahn, München; Privatsammlung, Österreich; Galerie Zell am See, Schloss Rosenberg; Privatsammlung, Österreich