Heinrich Hoerle - Paar - image-1

Lot 721 Dα

Heinrich Hoerle - Paar

Auktion 847 - Übersicht Köln
26.11.2003, 00:00 - Moderne u. Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 35.000 € - 45.000 €
Ergebnis: 107.100 € (inkl. Aufgeld)

Öl auf Sperrholz 48,8 x 57cm. Rückseitig schwarz signiert, datiert und betitelt hoerle 1931/9 paar sowie rechts (Trude). Mit schmalen Farbausbrüchen am oberen und rechten Rand; die Sperrholzplatte vertikal schwach gewölbt.
Backes 93 (Abb. seitenverkehrt)

Hatte Heinrich Hoerle wie auch andere rheinische Künstler der Dada-Bewegung angehört - von Franz Wilhelm Seiwert, Hoerles engem Freund als "bürgerlicher Kunstbetrieb" abgetan -, bildeten beide nachfolgend den Kern einer Gruppe von gesellschaftsbezogen arbeitenden Künstlern. Später die "Progressiven" genannt, beeinflußten sie die Kölner Kunstszene entscheidend.
Hoerle und Seiwert waren "Anhänger der marxistischen Ideologie in ihrem einfachen und ursprünglichsten Sinne, d.h. Beseitigung von Ungleichheit und Gewalt, Vereinigung der Menschen aller Klassen und Nationen, Abschaffung des Eigentums." (Evelyn Weiss, Von Dadamax zu A-Z - Die Kölner Progressiven der zwanziger Jahre, in: Ausst. Kat. Frechen 1970, op.cit., o.S.). Neben der politischen Einstellung erklärt sich die künstlerische Intention der zunehmenden Abstraktionstendenzen in ihrem Werk: "Seiwert versuchte begreiflich zu machen, was er mit seiner Malerei ausdrücken wollte. [...] Er suchte nach neuen Ausdrucksformen und dem Reiz der Unabgeschlossenheit, der allein den Betrachter aus einer Passivität locken konnte, die zuvor das natürliche Ergebnis naturgetreuer Abbildungen gewesen war. Kunst als Mimesis setzte das Denken nicht frei, zudem war ihre Aufgabe längst der Photographie zugefallen." (Gunther Sander über einen Besuch bei seinem Vater, dem Photographen August Sander, zit. nach Anne Ganteführer-Trier, Zeitgenossen, in: Ausst. Kat. Zeitgenossen, Köln/Kiel 2000 (Josef-Haubrich-Kunsthalle/Kunsthalle), S. 17).
Hoerle malte 1931 eine weitere Komposition mit dem Titel "Paar" (s. Ausst. Kat. Zeitgenossen, Köln/Kiel 2000, Abb. 94, S. 88). Die voreinander Stehenden sind qua Binnenzeichnung des weiblichen Brustporträts und größerer Detailgenauigkeit der männlichen Rückenfigur deutlich als zwei einzelne Personen charakterisiert. Die vorliegende Arbeit mit gleichem Titel aus demselben Jahr zeichnet sich dagegen durch ihre weitgehende Abstraktion aus. Klare Umrisse der auf die Grundkonstanten menschlicher Porträts im Brustformat reduzierten Formen bezeichnen Flächen, die trotz verhaltener Farbigkeit intensiv wirken und raffinierterweise unterschiedliche haptische Strukturen aufweisen. Mit einem Zirkel konzentrisch verlaufend gearbeitet sind Sonne und Brüste, andere Flächen persianerhaft gekräuselt oder vertikal gestrichelt. Einander überschneidende Formen bilden neue Formgebilde und zeigen gleichsam Gemeinsamkeiten an, wie etwa die übereinander verlaufenden Köpfe auf gemeinsames Gedankengut des "Paares" hinweisen mögen. Die Reduzierung auf den einfachsten Umriß, offensichtlich an der formalen Gestaltung von Malermodellpuppen orientiert, enthebt das "Paar" jeglicher individueller Züge und spiegelt gleichsam politische Meinung und künstlerische Intention der "Kölner Progressiven".

Werkverzeichnis

Backes 93 (mit seitenverkerhter Abbildung)

Provenienz

Trude Alex-Hoerle, Düsseldorf; Galerie Teufel, Köln; Privatsammlung Atlanta, USA

Ausstellung

Frechen 1970 (Kunstverein Frechen), Hoerle und sein Kreis, Kat. Nr. 103 mit Abb.