Lesser Ury - Weiße und gelbe Chrysanthemen in blauer Vase - image-1

Lot 1355 Dα

Lesser Ury - Weiße und gelbe Chrysanthemen in blauer Vase

Auktion 867 - Übersicht Köln
04.12.2004, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 71.400 € (inkl. Aufgeld)

Lesser Ury

Weiße und gelbe Chrysanthemen in blauer Vase
1921

Öl auf Leinwand 102 x 75,5 cm, Unten links rot signiert L. Ury 1921.

Lesser Ury, der die klassischen Motivkreise Porträt, Akt, Landschaft und Stilleben gepflegt hat, malte in jeder seiner Werkphasen auch Blumenstücke. Atelierbesucher bestätigten manchmal fasziniert, was sein Biograph Karl Schwarz in seinen Erinnerungen an den Künstler folgendermaßen beschrieb:
"Als ich ihm einmal während des Ersten Weltkrieges, da man nur schwer Blumen bekommen konnte, einige sehr schöne, volle weiße Nelken brachte, weil ich wußte, daß ich ihm damit eine Freude machen und ihn etwas aus seiner Trübsal herausholen würde, stellte er sie in eine kleine grüne Vase und begann sofort zu malen. Er war so sehr in ihren Anblick versunken, daß er meine Anwesenheit völlig vergaß, und kurze Zeit darauf standen die Blumen taufrisch und leuchtend wie hinggezaubert im Bild neben den echten."
Die Komposition "Weiße und gelbe Chrysanthemen in blauer Vase" ist hingegen keine spontane Schöpfung. In ihrem klassischen Aufbau, leuchtend helle Blüten vor einem dunklen Hintergrund auf nur schwach angedeutetem Untergrund zu zeigen, läßt sie erkennen, daß Lesser Ury bei seinen Paris-Aufenthalten entsprechende Werke von Edouard Manet und Henri Fantin-Latour gesehen haben wird. Auch bei diesen taucht vereinzelt das Motiv der in einem unbeachteten Moment aus der Vase herausgefallenen einzelnen Blütenstengel auf; bei einem gebildeten und in der Kunstgeschichte bewanderten Künstler wie Lesser Ury ist dieses Detail sicher eine Andeutung traditioneller Vanitas-Symbolik.
Möglicherweise handelt es sich hier um eine Auftragsarbeit, die den Charme und morbiden Chic großbürgerlicher Interieurs am Beginn der zwanziger Jahre widerspiegeln oder bereichern sollte, ein "Galeriebild" höchster Vollendung.

Provenienz

Sammlung Blum, London; Galerie G. Abels, Köln; Sammlung Walter Franz, Köln; Süddeutsche Privatsammlung

Literaturhinweise

Die Weltkunst vom 1.6.1955, Nr. 11, XXV Jg., S. 19 mit Abb.