Max Beckmann - Im Glas (Spring Fantasia) - image-1

Lot 798 Dα

Max Beckmann - Im Glas (Spring Fantasia)

Auktion 867 - Übersicht Köln
04.12.2004, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 2.400 €
Ergebnis: 2.380 € (inkl. Aufgeld)

Max Beckmann

Im Glas (Spring Fantasia)
1950

Original-Lithographie auf gelbem Maschinenbütten 28,5 x 21,3 cm (30,8 x 24 cm)

Spring Fantasy, ein extravaganter Maskenball, fand am Abend des 19. Mai 1950 im prunkvollen Festsaal des damals renommierten, inzwischen abgerissenen New Yorker Hotel Astor statt. Der Erlös der frohen Nacht („dancing 9 to ?“ zur Musik eines Orchesters sowie einer Jazzgruppe) ging an die Artists Equity Association, eine 1947 gegründete „non-profit“-Interessengemeinschaft mit der Aufgabe, das Gemeinwohl und die Rechte von bildenden Künstlern zu fördern und unterstützen. Die erste Veranstaltung war zweifellos ein Erfolg; für die nächsten sechs Jahre fand sie jährlich statt. Als Begleitheft erschien dabei ein Programmheft mit Spiralbindung, ca. 50 Seiten, Format um 31 x 24 cm, mit von Künstlern gestalteter und von Sponsoren finanzierter Werbung. In den ersten drei Jahren waren die Hefte mit Original-Lithographien geschmückt. Die Mehrzahl der Anzeigen - viertel-, halb- sowie ganzseitig - warben für mit Kunst beschäftigte kommerzielle Unternehmen: Galerien, Geschäfte für Künstlerbedarf, Rahmenwerkstätten und - wie im Fall der Lithographie von Beckmann - für Kunstschulen. Dazu gab es Anzeigen für Bekleidungs-, Schuh-, und Stoffgeschäfte, Buchläden, Restaurants, Hotels und auch das eine oder andere anonyme „compliments of a friend“.
Am 19. April, genau einen Monat vor dem festlichen Ereignis, notierte Beckmann in seinem Tagebuch: „Nachmittags Zeichnungen für Brooklyn-Artschool (Art & Equity) 'Im Glas'.“ (Max Beckmann, Tagebücher 1940-1950, Albert Langen/Georg Müller, München 1955, S. 383). Sein Auftraggeber war die Brooklyn Museum Art School, an der er Ende September des Jahres zuvor seine Unterrichtstätigkeit begonnen hatte und die, innerhalb weniger Monate, vertraglich für sechs weitere Jahre verlängert wurde. Nach den Tagebucheintragungen ist anzunehmen, dass Beckmann und seine Frau Quappi auf die Festlichkeiten verzichteten, er hätte bestimmt sonst seine Meinung zum „Event“ geäußert. Unter anderen Umständen wäre dieser Abend für ihn von besonderem Genuß gewesen: noch ein Ereignis des ihn stets beschäftigenden Themas „Zirkus“ oder „Welttheater“. Dafür gab es zwingende Gründe. Anfang des Monats waren die Beckmanns umgezogen, ein Unternehmen, das den Künstler Nerven gekostet und erschöpft hatte. Noch entscheidender war die Tatsache, dass Doris McFerguson-Cooper, die Schwester von Quappi, seit 1925 in den Vereinigten Staaten wohnhaft, im Sterben lag, und dass deren Ehemann, Beckmanns Schwager, sich aus Verzweifelung am 16. Mai umgebracht hatte.
Es ist erstaunlich, aus welchen Gründen eine größere Auflage wie in diesem Fall manchmal verschwindet oder selten auftaucht. "Undoubtedly the obscurity of Improvisations is the result of the event itself: a merry frivolity, as evanescent as the bubbles of champagne drunk that evening. And like most souvenirs, life and time go on, memory fades, and eventually they are discarded." (Hofmaier, op.cit., S. 326)

Literaturhinweise

James Hofmaier, Spring Fantasia, in: Festschrift für Eberhard W. Kornfeld zum 80. Geburtstag, Bern 2003, S. 323-326, mit Farbabb. (dieses Exemplar)