Öl auf Karton, auf Leinwand aufgezogen 49,5 x 34 cm, gerahmt. Unten rechts schwarz signiert M. Liebermann.
Eberle 1897/14 mit ganzseitiger Farbabb.
Max Liebermann hatte sich zuerst 1886 zu einem sechswöchigen Malaufenthalt in der Künstlerkolonie in dem holländischen Dorf Laren aufgehalten. Es entstanden zahlreiche Studien zur "Flachsscheuer" (Eberle 1886/1-12, 1887/1), gefolgt von dort erfaßten, thematisch ähnlich gelagerten "Altfrauenhaus in Laren" (Eberle 1891/8, 9) und "Sonntagnachmittag in Laren - Kirchgang in Laren" (Eberle 1896/7, 8), um sich dann 1897 in umfangreichen Studien mit dem Thema "Schulgang in Laren" (Eberle 1898/1-3) zu beschäftigen. Neben zahlreichen Zeichnungen erfaßt Liebermann hierbei das Motiv einer Mädchenklasse, die sich in kleinen Gruppen strebsam durch den baumbestandenen Hof zum Schulgebäude bewegen auch in einigen Ölstudien. Sie gelten heute zum Großteil als verschollen.
Das vorliegende Gemälde ist eine "flüssig gemalte Studie zweier Mädchen aus Laren auf der Dorfstraße stehend, die einander an der Hand halten. Es handelt sich um eine der ersten Studien zu der Komposition 'Schulgang in Laren', die Liebermann in mehreren Varianten ausführte (1898/3-4). Auf allen Versionen trifft man diese Kinder in verschiedener Stellung wieder an. Liebermann muß das Motiv der beiden Kinder, die sich auf dem Wege zur Schule befinden [...] als heimliches Kernstück des Bildes angesehen haben." (Matthias Eberle, Max Liebermann. Werkverzeichnis der Gemälde und Ölstudien, Bd. I, München 1995, S. 469).
Im Gegensatz zu der später ausgeführten Fassung ist das Augenmerk nicht so sehr auf Haltung bzw. Bewegung der Kindergruppen in der mit Lichtflecken übersäten waldigen Dorflandschaft gerichtet, sondern vielmehr scheint hier die psychologische Einzelstudie der leicht vom Betrachter abgewandten kleinen Mädchen von vorrangigem Interesse. Scheu und etwas verunsichert wirken sie in ihrer Schultracht, wie brüsk aufgehalten auf ihrem Weg, und man weiß nicht, wer zum Trost und Schutz wem die Hand gereicht hat.
Daß Liebermann selbst der Komposition "Schulgang in Laren" größere Bedeutung beimaß, erweist eine offizielle Porträtaufnahme von 1900, die den Künstler, locker Pinsel und Palette in der Linken haltend, vor eben diesem nicht aktuellen, sondern bereits drei Jahre zuvor entstandenen Gemälde (vgl. Abb.) zeigt.
Werkverzeichnis
1897/14 Eberle
Provenienz
J. Abraham, Berlin (bis 1909); Rudolph Lepke, Berlin (1909); Galerie Henneberg, Zürich (1914-1919); Hermann Freudenberg, Berlin (1923); Sammlung Robert Bühler, Winterthur (vor 1982); W. Ketterer, München (1982); Galerie Rosenbach, Hannover; Privatbesitz Schweiz; Privatbesitz Nordrhein Westfalen
Literaturhinweise
Der Kunstmarkt, Jg. VII, 1909/10, Nr. 7, 19.11.1909, S. 55; Erich Hancke, Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1914, S. 537 (Werkkatalog); Kunst für Alle, Jg. XXXV, Beilage zu Heft 5/6, April 1920, S. II; Weltkunst 1982, Heft 14, Abb. S. 2003
Ausstellung
Berlin 1909 (Rudolf Lepke), 1558. Auktion , Nr. 90, Abb. Taf. 12; Zürich 1919 (Galerie Henneberg), Nr. 189, Abb. Taf. XXVI; Zürich 1923 (Kunsthaus Zürich), Max Liebermann, Nr. 47; St. Gallen 1948 (Kunstverein St. Gallen), Max Liebermann, Nr. 32