Paul Cezanne - Paysage (environs de Pontoise?) - image-1

Lot 539 Rα

Paul Cezanne - Paysage (environs de Pontoise?)

Auktion 905 - Übersicht Köln
02.06.2007, 00:00 - - 900. Auktionen - Moderne Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 70.000 €
Ergebnis: 113.050 € (inkl. Aufgeld)

Aquarell, Deckweiß und Bleistift auf Büttenpapier mit Wasserzeichen "MICHALLET" 31,5 x 48,3 cm, unter Glas gerahmt. - Mit altersbedingten Verbräunungen des Papiers. Mit fachmännisch geglätteten schwachen Knickspuren in der rechten Blatthälfte, am linken und unteren Rand.
Rewald 82
Vollard Archives, Photographie No. 637

Ist die Arbeit in dem 1936 erschienen Werkverzeichnis von Lionello Venturi noch nicht enthalten, so war die Arbeit jedoch nach den Ausführungen John Rewalds ihm bekannt geworden und Venturi beabsichtigte, sie in den Nachtrag mit dem Datum "1900 - 1905" aufzunehmen. Rewald folgt ihm hier in der zeitlichen Einordnung nicht und datiert sie wesentlich früher. Er zitiert indirekt Adrien Chappius, der zu den Zeichnungen Cézannes publizierte (Adrien Chappius, The drawings of Paul Cézanne, A Catalogue Raissonné, London 1973) und der das Blatt offenbar kommentiert hatte:
"Chappius felt that if the twigs and foliage of the tree on the left had been completed with watercolor, the spaciousness of this landscape could be more easily perceived." (John Rewald, Paul Cézanne, op. cit. S. 105).
Das Aquarell ist in seiner Vorzeichnung bildmäßig voll angelegt. Mit dem Baum links im unmittelbaren Vordergrund als Repoussoir, ist der Betrachterstandpunkt gekennzeichnet und unter dem ausladend angedeuteten Blattwerk hindurch sind der Bildraum eröffnet und der Blick auf die terrassierten Felder und die den Horizont begrenzende Hügellinie gelenkt. Das Baummotiv findet sich in ebendieser Weise u.a. in dem um 1881 datierten Aquarell "Arbres encadrant une vue sur un hameau" oder auch in einem 1885-1887 entstandenen Aquarell mit der Ansicht des "Montagne Sainte-Victoire" (vgl. Rewald 1983, op.cit. Nr. 80; Ausst. Kat. Tübingen/Zürich 1982 (Kunsthalle/Kunsthaus), Paul Cézanne. Aquarelle, Kat. Nr. 28 mit Abb.) Die Farben sind einerseits hell und sparsam gesetzt, andererseits in den Grundtönen kräftig, ein Wechsel in der Farbgebung hatte erst in den Jahren zuvor stattgefunden. Daß der Papiergrund bei Cézannes Aquarellen als Kompositionsbestandteil bildkonstituierend eingesetzt bzw. einbezogen ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Der Grat zwischen 'Vollendet' und 'Unvollendet' ist schmal, und so Mancher wandelte darauf und versuchte diese Frage schlüssig zu beantworten.
"Cézannes Kritik des Impressionismus setzte an dessen Tendenz zum Fließen und Verströmen aller Naturerscheinung an. Er übernahm zwar die impressionistische Doktrin von der Auflösung der Einzelformen durch das Licht, band die Auflösungsformen aber in ein strenges Bildgefüge ein. Sein Ziel war, den flüchtigen Natureindruck im klassischen Bildbau Poussins Festigkeit und Halt zu geben [...]. Seine Motive wählte Cézanne immer mit größtem Bedacht, er tendierte dabei zu einfachen, tektonischen Landschaftsausschnitten, die dieser Absicht entgegenkamen. Seit Ende der siebziger Jahre zog sich Cézanne zu immer längeren Aufenthalten in seine provenzalische Heimat zurück. Unter der Sonne des Südens änderte sich seine Palette erneut [...].
'Das Licht ist nicht ein Ding, das reproduziert werden kann, sondern etwas, das mit etwas anderem, mit Farben dargestellt werden muß.' Die Repräsentation des Lichtes übertrug Cézanne den Farben und dem weißen Malgrund - im Aquarell dem Papier, im Gemälde der grundierten Leinwand. Das Kontinuum der Farboberfläche wird mehr und mehr aufgebrochen, das Weiß des Bildgrundes bestimmt die Gestaltung zunehmend mit, so daß viele Kompositionen wie unvollendet wirken." (Birgit Schwarz, Landschaften, in: Ausst. Kat. Wien/Zürich 2000 (Kunstforum/Kunsthaus), Cézanne. Vollendet - Unvollendet, S. 269 f.)
Neben den Landschaften leben aber auch Stilleben und Porträts von der prägnanten Andeutung und gleichzeitig großzügigen Auslassung, die dem Betrachter mehr Imaginationsraum ermöglichen. Daß vollständig aquarellierte Blätter beinahe langweilig erscheinen, diese Behauptung mag überspitzt sein, verdeutlicht aber die belebende Wirkung des vermeintlich 'Unfertigen'. (vgl. z.B. auch die "Apfelstilleben" in: Ausst. Kat. Tübingen/Zürich 1982, op.cit., Kat. Nr. 86 oder Kat. Nr. 92 mit Kat. Nr. 91, 93 oder 94).

Werkverzeichnis

Rewald 82

Provenienz

Ambroise Vollard, Paris; Privatsammlung Schweiz

Literaturhinweise

John Rewald, Paul Cézanne, The watercolours, Boston 1983, S. 105, Nr. 82 mit Abb. (die Darstellung hier am linken Rand beschnitten)