Fernand Léger - Contraste de Formes - image-1

Lot 704 D

Fernand Léger - Contraste de Formes

Auktion 905 - Übersicht Köln
02.06.2007, 00:00 - - 900. Auktionen - Moderne Kunst
Schätzpreis: 900.000 € - 1.100.000 €
Ergebnis: 1.249.500 € (inkl. Aufgeld)

Fernand Léger

Contraste de Formes
1913

Schätzpreis mit Hanstein abzustimmen, Kommission 5% + Gouache und Aquarell 41,5 x 32 cm monogrammiert und datiert

Fernand Léger wurde in eine Zeit des Umbruchs in der europäischen Kunst geboren. Künstler wie Gauguin, Cézanne, van Gogh oder Matisse suchten neue Inhalte und formale Möglichkeiten bildnerischen Gestaltens jenseits der impressionistischen Überlieferungen. Sie wurden Vorbilder und Lehrer einer kommenden Generation von Künstlern, die immer noch gegen den erstarrten Lehrbetrieb der klassischen Akademien rebellierte und sich zur selbstbestimmten Arbeit in Gruppierungen wie den "Fauves" in Frankreich, der "Brücke" oder des "Blauen Reiter" in Deutschland zusammenfanden. Besondere Aufmerksamkeit wurde den aus den Kolonien nach Europa gebrachten Zeugnissen afrikanischer und ozeanischer Stammeskunst entgegengebracht, die man unvoreingenommen als Objekte von oft außerordentlich hoher künstlerischer Qualität erkannte. So entwickelte sich die europäische Kunst am Beginn des 20. Jahrhunderts innerhalb einer Generation stilistisch sprunghaft von der Nachahmung des Sichtbaren zur völligen Abstraktion. Einer dieser großen Neuerer der Form war Fernand Léger: "1912-13 habe ich gekämpft, um von Cézanne loszukommen. Sein Einfluß auf mich war so stark, daß ich bis zur Abstraktion gehen mußte, um mich von ihm zu befreien", sagte er einmal (zitiert nach: Dora Vallier, La vie fait l'oeuvre de Fernand Léger, in: Cahiers d'Art, XXIX Jahrgang, 1954, S. 159, Wiederabdruck in: Fernand Léger, Der Rhythmus des modernen Lebens, München/New York 1994, S. 66).
Die dichte, streng abstrakte Komposition der vorliegenden Gouache ist Teil einer kleinen Werkreihe, mit der sich Léger an einem frühen, sehr entscheidenden Punkt seiner künstlerischen Entwicklung vom optisch leichten Erfassen des Gegenständlichen verabschiedete und sich dem synthetischen Kubismus zuwandte. Er verstand ihn "nicht etwa als Reaktion gegen die Ideen des Impressionismus, sondern im Gegenteil [als] deren Fortführung und Erweiterung durch die Verwendung von Mitteln, die die Impressionisten vernachlässigten." (Aus einem am 5. Mai 1913 in der Académie Marie Wassieleff gehaltenen Vortrag "Über die Ursprünge der Malerei und ihren abbildenden Wert", ebenda S. 67).
Léger verwendete dafür die von ihm so bezeichneten "éléments géométriques", meist zylindrische, oft angeschnittene oder gekerbte Formen, die in einer konkreten, jeweils nur minimal veränderten Konstellation im Raum angeordnet sind und die nicht nur geometrische Körper, sondern auch deren Bewegung im Raum beschreiben. Es entsteht so ein sehr lebendiges und dynamisches Spannungsgeflecht, wobei sich mit dem Kontrast der Formen und Farben jene kontinuierliche Bewegung entfaltet, die noch durch den sparsamen Einsatz weniger Farben, deren Plazierung von Anfang an festliegt, beruhigt wird und bei der das Weiß wie ein von glänzenden Flächen zurückgeworfenes Licht wirkt.
Die vorliegende, vollkommen abstrakte Gestaltung ist eine der wenigen streng durchgeführten Kompositionen, die zu den bekannten gleichnamigen Gemälden führen (z.B. Bauquier 55, im Kunstmuseum Bern, Fondation Hermann et Margrit Rupf, 55 x 46 cm; Bauquier 53, im New Yorker Museum of Modern Art, 100 x 81 cm; Bauquier 49, Französische Privatsammlung, 81 x 65 cm). Diese Gemälde erscheinen in der Komposition vereinfacht und zeigen nicht den ganzen Reichtum und die Vielfalt der Formen, die die kleineren, kostbaren Gouachen Fernand Légers entfalten.
Daß es beim Kubismus nicht um die vollständige Ablösung vom Gegenstand ging, belegen ja nicht nur die Arbeiten von Picasso, sondern auch diese frühe Werkreihe von Fernand Léger. Denn durch die Hinzufügung hintereinander gestaffelter rechteckiger Kuben, deren jeweils gleiche Seite mit der selben Farbe gekennzeichnet war, entstand ein zusätzlicher dynamischer Effekt, ein Zug in die Tiefe, der die nachfolgende Bildreihe der "Escaliers" dann bestimmte.
"Für mich haben das menschliche Gesicht, der menschliche Körper nicht mehr Bedeutung als Schlüssel oder Fahrräder. Sie sind für mich 'Gegenstände mit einer plastischen Qualität'. Ich betrachte das menschliche Gesicht nicht als gefühlsmäßigen Wert, sondern ausschließlich als plastischen." (zitiert nach Ausst. Kat. Fernand Lèger - Schlüsselwerke, Köln 1990, S. 17). Folgerichtig erscheint in den Gemälden des Jahres 1914 wieder der menschliche Körper in seinen "plastischen Qualitäten", ohne daß der abstrakte, gegenstandsunabhängige Aspekt der Formgestaltung vernachlässigt werden muß (vgl. die Gemälde "L'Escalier": Bauquier 69, im Kunstmuseum Basel, Bauquier 71 im Moderna Museet Stockholm oder Bauquier 73 im Musée National d'Art Moderne, Paris).

Provenienz

Daniel H. Kahnweiler, Paris; Gustav Kahnweiler, Buckinghamshire; ehemals Privatsammlung Schweiz; deutsche Privatsammlung