Kurt Schwitters - Ohne Titel (Collage mit Straßenbahnbillet) - image-1

Lot 349 D

Kurt Schwitters - Ohne Titel (Collage mit Straßenbahnbillet)

Auktion 910 - Übersicht Köln
28.11.2007, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 123.600 € (inkl. Aufgeld)

Kurt Schwitters

Ohne Titel (Collage mit Straßenbahnbillet)
1927

Collage 19,4 x 15 cm signiert. Mit Widmung Räderscheidt/Hegemann

Die dem Paar Anton Räderscheidt und Martha Hegemann persönlich gewidmete Collage verarbeitet ein Billet der "Städtischen Straßenbahn, Dresden" (mit der Aufzählung der diversen Haltestationen), eine Theaterkarte für das "1. Parkett (Klappsitz)" des "Residenz-Theaters" und rosa Papiere mit markant schwarz gedruckten Buchstabenfragmenten, die zum unregelmäßig grau schraffierten Fond optisch angenehm kontrastieren. So zufällig wie die Zusammenstellung sein könnte, so deutllich ist doch, daß die großen Buchstaben und die kleinere gedruckte Schrift auf den Billets als wesentliche Teile der abstrakten Komposition eine tragende Rolle spielen.
Inhaltlich lassen sie die Namen von Kurt (Schwitters), von Martha (Hegemann) im "ma", im "Ka", im "h" möglicherweise durchaus assoziieren. Das "h" verweist in seiner Typographie im übrigen sehr auffällig auf das Monogramm Heinrich Hoerles, der seine Arbeiten in dieser Art zu kennzeichnen pflegte. Er gehörte zum Kölner Kreis der "Progressiven". Aber vielleicht ist hier wirklich nur der Zufall im Spiel, denn "h" kann besser noch Schwitters Heimatstadt "hannover" meinen...
1927 ist das Jahr der "Großen Merzausstellung" von Kurt Schwitters, der Einzelausstellung auf Tournee in verschiedenen deutschen Städten, wie auch das Gründungsjahr der "abstrakten hannover" mit Carl Buchheister, Rudolf Jahns, Hans Nitzschke und Friedrich Vordemberge-Gildewart. Mit der Typographie beschäftigt sich Schwitters ebenfalls besonders intensiv, insofern 1927 der Zusammenschluß zum "ring neue werbegestalter" erfolgt, in dem nicht nur Robert Michel, Vordemberge-Gildewart sondern insbesondere Jan Tschichold und Lásló Moholy-Nagy mitwirkten. Auch beteiligt sich Schwitters im Dezember an einer Ausstellung zur "Neuen Typographie" im Gewerbemuseum in Basel (vgl. Ausst. Kat. schwitters_arp, Basel 2004, S. 236).
Daß Schwitters Künstlerkollegen Arbeiten widmete, erstaunt nicht. Aus dem gleichen Jahr wie die vorliegende Collage datiert die Komposition "Dieser ist Friedel Vordemberges Drahtfrühling", eine dichte Komposition mit kleinteiligen Werbefragmenten, die lange Zeit im Besitz der Familie bzw. des Nachlasses Vordemberge-Gildewart verblieben ist (vgl. Orchard/Schulz 1514 mit Abb. S. 275).

Provenienz

Martha Hegemann und Anton Räderscheidt, Köln; Sidney Janis Gallery, New York (1959; auf der Rahmungsrückseite mit Etikett); Charlotte und Walter Bareiss, Zürich (bis1994; rückseitig Etikett mit Inv.-Nr. SL.69.17.40); Galerie Fred Jahn, München (bis 1996; auf der Rahmenrückseite mit Etikett); Süddeutscher Privatbesitz

Ausstellung

New York 1959 (Sidney Janis Gallery), 75 Collages by Kurt Schwitters, Kat. Nr. 31 mit Abb.; München 1965 (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Staatsgalerie München), Sammlung Walter Bareiss, Kat. S. 35; Kassel 1967 (Staatliche Kunstsammlungen Kassel), Sammlung Walter Bareiss, Handzeichnungen, Aquarelle und Collagen, Kat. mit Abb. S. 25