Lesser Ury - Sonnenuntergang am italienischen See (Oberitalien) - image-1

Lot 403 Rα

Lesser Ury - Sonnenuntergang am italienischen See (Oberitalien)

Auktion 932 - Übersicht Köln
06.12.2008, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 108.000 € (inkl. Aufgeld)

Lesser Ury

Sonnenuntergang am italienischen See (Oberitalien)
1890er Jahre

Öl auf Leinwand 60,2 x 86,7 cm

Die zweite Italienreise führte Lesser Ury im Herbst 1891 an den Lago Maggiore, den Gardasee, nach Venedig, Rom und Florenz. Erst im Frühjahr 1892 kehrte er nach Berlin zurück. Der Künstler zählt "neben Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt zu den bedeutendsten Vertretern des Berliner Impressionismus. Doch im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, ist sein Werk bislang kaum erschlossen." (Sibylle Groß).
Was Ury in Italien in erster Linie begeistert hatte, waren nicht die Kunst und Kultur, sondern die Landschaft und das Licht. Die Arbeiten, die nach dieser Italienreise entstanden sind, zeugen vor allem im Hinblick auf den Umgang mit Farbe von einer neu erworbenen, für die damalige Zeit kühnen künstlerischen Freiheit. Auch in den Jahren 1893, 1897 und 1908/09 unternahm er mehrwöchige Reisen an die oberitalienischen Seen. 1931, kurz vor einer grossen Retrospektive, die die Berliner Nationalgalerie anläßlich seines 70. Geburtstages ausrichten wollte, starb der Künstler. Da er keine gesetzlichen Erben hatte, wurden zahlreiche Werke seines Nachlasses 1932 in Berlin durch Paul Cassirer versteigert.
Das vorliegende großformatige Gemälde, zu dem es ein motivisch verwandtes Pastell gibt, zeigt vermutlich den Gardasee im dramatischen Licht einer hinter den Bergen untergehenden Sonne. Von besonderem Reiz ist der starke Hell-Dunkel-Kontrast und die vereinfachte, groß gesehene Form, der man so erst wieder in den Farblandschaften des Blauen Reiter um 1908/1910 wiederbegegnet. Lesser Ury verbindet sie mit einem vergleichbar satten und doch äußerst nuancenreichen, lebendigen Einsatz der Farbe. Erstaunlich ist sein selbstsicheres Vorgehen in der Beobachtung von Licht und Schatten. Das Auge des Betrachters muss sich zunächst an die Dunkelheit gewöhnen, bevor am Fuße der massiven, zunächst nur als Silhouette wahrgenommenen Bergkette ein schmaler Streifen Landes mit einem Turm ausgemacht werden können. Davor liegt still der See, der in zartesten Tonübergängen grün, weiß, blau, gelb und violett schillert. Am Himmel steht vor dem explosiv gelben Licht der untergehenden Sonne, überragt von einem graugrünen Himmelszelt eine violette Wolke, teils dramatisch dunkel oder auch leuchtend orange konturiert. Die für Ury typischen, sehr reizvollen violetten Lichteffekte verleihen dem Bild seinen eigenen lyrischen Charakter. In dem Gemälde offenbart Lesser Ury die Schönheit eines momentanen atmosphärischen Licht- und Farbeffektes der Natur, darüber hinaus jedoch den Einsatz neuer, moderner Gestaltungsmittel, um seine Intensität und Wirkung zur Geltung zu bringen.

Zertifikat

Mit einem Fotogutachten von Sibylle Groß, Berlin; das Gemälde wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis Lesser Urys aufgenommen

Provenienz

Aus dem Nachlass des Künstlers; Minna Behrendt, Stettin (die Nichte des Künstlers; seit 1933); Privatbesitz New York; Privatsammlung Tel Aviv (seit 1970er Jahre)