Pieter Gysels - DORFLANDSCHAFT MIT REISEGESELLSCHAFT - image-1

Lot 1048 Dα

Pieter Gysels - DORFLANDSCHAFT MIT REISEGESELLSCHAFT

Auktion 939 - Übersicht Köln
16.05.2009, 00:00 - Alte Kunst
Schätzpreis: 38.000 € - 45.000 €
Ergebnis: 138.000 € (inkl. Aufgeld)

Pieter Gysels

DORFLANDSCHAFT MIT REISEGESELLSCHAFT

Öl auf Holz. 25 x 35 cm.

Pieter Gysels war Schüler von Jan Boots und - wie Arnold Houbraken in seiner „Schouburgh“ berichtet - von Jan Brueghel dem Jüngeren und spezialisierte sich auf Landschaften und Stillleben. Die Stillleben, etwa jenes im Amsterdamer Rijksmuseum, spiegeln in ihrer Opulenz den aristokratischen Geschmack der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wider. In seiner Landschaftsmalerei folgt Gysels der Tradition der Brueghel-Familie, vor allem der Malerei Jan Brueghels d. Ä.
So handelt es sich auch bei diesem Werk um die qualitätvolle Wiederholung einer Komposition von der Hand Jan Brueghels d. Ä., die 1616 datiert und deren Verbleib heute unbekannt ist (vgl. Klaus Ertz u. Christa Nitze-Ertz: Jan Brueghel der Ältere. Kritischer Katalog der Gemälde. Bd. 1. Landschaften mit profanen Themen, Lingen 2008, Nr. 54). Dargestellt ist eine belebte Straße in einem Dorf. Sie wird zur Linken von Häusern begrenzt, die diagonal in den Bildraum hinein führen. Im Vordergrund ist eine Reisekutsche zu sehen, die gerade bestiegen wird; Hirten mit ihrem Vieh sowie Dorfbewohner vor einer Gastwirtschaft bilden die weitere Figurenstaffage.
Mit solchen detailreichen, fein gemalte Dorfbildern, die gerade im kleinen Format das mannigfaltige bunte, geschäftige Treiben eines Dorfes darstellten, etablierte Jan Brueghel d. Ä. einen beliebten und weit verbreiteten Bildtypus. Vor allem die buntfarbige Figurenstaffage belebte die in hellen Grün-, Braun- und Grautönen gehaltene Landschaft. So findet man auch auf diesem Bild einige der von Brueghel etablierten Staffagetypen, die zahlreiche Landschaften von ihm und seinem Umkreis bevölkern, etwa die frontal dargestellte Kutsche, die von Reisenden umringt und bestiegen wird, der Hirte, der seine Herde vor sich her treibt oder die Dorfbewohner, die vor der Gaststätte stehen.
Die Provenienz dieses sowie des nachfolgenden Gemäldes (Lot 1049) lässt sich bis in das frühe 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie wurden offensichtlich als Pendants aufgefasst und gesammelt, und zwar als unterschiedliche Darstellungen des bunten Dorflebens, zum einen - wie hier - auf dem Lande, zum anderen - wie im folgenden Bild - am Wasser. Beide Werke befanden sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Sammlung des Hamburger Unternehmers David Christopher Mettlerkamp (vgl. Dingedahl, op. cit., passim). Dieser ließ einen Teil seiner Sammlung 1829 versteigern und einen weiteren Teil ein Jahr später verkaufen. Bei dieser Gelegenheit erwarb der Hamburger Syndicus Dr. Karl Sieveking Werke aus der Sammlung, u.a. auch diese beiden Landschaften, die seinerzeit als Arbeiten Brueghels galten. Beraten wurde er dabei von keinem Geringeren als Karl Friedrich von Rumohr, der auch für die Preußischen Museen in Berlin tätig war, und mit dem Sieveking seit seiner Göttinger Studienzeit befreundet war. Der erhaltene Briefwechsel ist ein eindrückliches Zeugnis der Sammlungs- und Geschmacksgeschichte des deutschen Bürgertums im frühen 19. Jahrhundert. Rumohr empfahl seinem Freund den Erwerb von Bildern aus der Sammlung, er riet ihm dabei, "sich auf vortreffliches zu beschränken", "wenig und capitales zu kaufen", ermahnte ihn jedoch auch, einen vernünftigen Preis zu zahlen (Sieveking, op. cit., S.167).

Provenienz

Slg. David Christopher Mettlerkamp, Hamburg. - 1830 durch Syndicus Dr. Karl Sieveking (1787-1847), Hamburg, erworben. - Seitdem in Familienbesitz.

Literaturhinweise

Heinrich Sieveking: Karl Sieveking, 1787-1847. Lebensbild eines Hamburgischen Diplomaten aus dem Zeitalter der Romantik. Bd. 3. Hamburg 1928. - Carl Heinz Dingedahl: David Christopher Mettlerkamp. Kunstdilettant, Sammler und Mitbegründer des Kunstvereins in Hamburg. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, LXII (1976), S. 81-98.