Christian Rohlfs - Gymnastik am Strand - image-1

Lot 1066 R

Christian Rohlfs - Gymnastik am Strand

Auktion 950 - Übersicht Köln
05.12.2009, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 25.000 € - 35.000 €
Ergebnis: 27.600 € (inkl. Aufgeld)

Christian Rohlfs

Gymnastik am Strand
1927

Gouache 38,5/39 x 56,7/57 cm

In das Jahr 1927, dem Entstehungsjahr des vorliegenden Blattes, fällt der erste Aufenthalt des Künstlers am Lago Maggiore. Das nach freundlicher Mitteilung von Paul Vogt mit Sicherheit in Ascona entstandene Werk zeigt die ingeniöse und eigentümliche Technik von Rohlfs großen Temperablättern: die leuchtend intensiven Farben, hier ausgewählte Töne von Blau, Rot, Braunrot - mehr sind es nicht - werden aufgetragen und teils wieder abgewaschen, um einen diffusen und gleichzeitig komplex schattierten Fonds zu schaffen, auf dem die Figuren in ihren Umrissen erscheinen. Figur und Grund sind nicht geschieden, sondern dialektisch verschmolzen ohne, wie noch in den späteren Arbeiten des Künstlers, ineinander aufzugehen: Die figuralen Konturen finden sich im Grund als zartes Echo, seien es die angedeuteten Kurvaturen über den gebogenen Körpern oder die hellen Flecken, die wie ein sporadisches, aber kontrolliert eingesetztes strukturelles Lichtspiel die beiden Badenden vor der Bläue einer unbestimmten "Landschaft" akzentuieren. Die einfachen, gegensätzlichen Bewegungen, die rhythmisch und synchron aufeinander bezogen erschienen, - der nach hinten gebeugten Figur links entspricht die nach vorne gebeugte rechts -, sind wie ein freikörperliches, unbeschwertes "Spiel am Strand" (Paul Vogt), lebendig beobachtet und zugleich formal geschlossen. Eine rote Farbinsel, wahrscheinlich ein Tuch, ist ein entscheidender zusätzlicher Akzent, der auch in dem Farbgewebe des Hintergrunds eine abgeschwächte atmosphärische Entsprechung findet.
"Die Leichtigkeit, das Sich-nur-Andeutende, das Bleiben im Skizzenhaften als bildfüllender Charakter: Daraus entwickelte Rohlfs jene Malerei, die er in seinen späten Jahren fast nur noch mit wasserlöslicher Temperafarbe immer seltener auf Leinwand und immer mehr auf widerstandsfähigem, meist großformatigem Büttenpapier realisierte. [...] Diese äußerste Loslösung aller Farben, Flächen und Linien bildete dann die grundlegende Voraussetzung zu einer neuen Verbindung in vielstimmiger rhythmischer Zuordnung und Konzentration. In den zwanziger Jahren spürt man noch Reste einer gewissen vereinzelnden Härte als Folge dieser Verselbständigung der malerischen Akzente. Doch finden sie immer feinfühliger zu übergreifenden, bilderfüllenden Korrespondenzen zusammen. Die Einheit des Bildes ist nicht mehr in der Geschlossenheit des Motivs gegeben: Sie entsteht erst aus der formal sicheren und farbig nuancierten Zusammenführung von noch faserigeren, noch offeneren malerischen Akzenten zum großen Atem des Bildes." (Erich Franz, Präsenz des Unabgrenzbaren, Zu den späten Temperabildern von Christian Rohlfs, in: Christian Rohlfs, Das Licht in den Dingen, Ausst. Kat. Emden/ Münster, Köln 2000, S. 19/20)

Werkverzeichnis

1927/5 Vogt

Zertifikat

Wir danken Paul Vogt, Essen, für freundliche Informationen

Provenienz

Ehemals Galerie Neher, Essen