Marianne von Werefkin - Zwei Frauen - image-1

Lot 1098 Dα

Marianne von Werefkin - Zwei Frauen

Auktion 950 - Übersicht Köln
05.12.2009, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 15.000 € - 20.000 €
Ergebnis: 40.800 € (inkl. Aufgeld)

Marianne von Werefkin

Zwei Frauen
Um 1908

Gouache (Tempera) über Bleistiftvorzeichnung 28,5 x 21,3 cm

"In den Briefen an einen Unbekannten [Marianne von Werefkin, "Lettres à un Inconnu", 1901-1905] heißt es: 'Die Eindrücke des Lebens, die durch die Seele (des Künstlers) ziehen, nehmen Farbe und Form an und werden zu etwas, was sie nicht waren, d.h. diese wirklichen Eindrücke werden zu erfundenen und erhalten dadurch all das, was nicht ist und was Kunst ist.' Werefkin trennt scharf zwischen Realität und Irrealität, zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt. Alles Materielle wird verachtet, alles Spirituelle vergöttert. 'Ich liebe nicht das Leben, ich liebe den Traum'." (Armin Zweite, "Von Dissonanzen durchzogene Harmonien", in: Tayfun Belgin (Hg.), Alexej von Jawlensky, Reisen, Freunde, Wandlungen, Heidelberg 1998, S. 37)

Nicht zuletzt diese bedingungslose Hingabe der Künstlerin an das Geistige, ihre Liebe zur Überhöhung des Lebens, mag die Neigung der Werefkin erklären, im Bildnerischen Motive und Szenen zu formalisieren, die in ihrer Künstlichkeit der Welt der Bühne entlehnt scheinen. Das Theater ermöglicht dem Schauspieler in der Rolle etwas bedeutungsmäßig zu "inszenieren", selbst in der Nuance etwas so zu dramatisieren, dass eine "Aussage" auch ohne Worte sinnfällig werden muß.
In dem bekannten, vielfach ausgestellten Blatt "Zwei Frauen" klingt die Bühne nicht nur durch den leeren Raum und den angedeuteten Vorhang an. In der linearen Schemenhaftigkeit der Gestalten auf dem schlichten, zweigeteilten Grund und in der delikaten Farbwahl der dekorativ gemusterten Gewänder kann man die Einflüsse französischer Kunst der Jahrhundertwende spüren, die Werefkin in Paris gesehen hatte und über sie vermittelt wahrscheinlich auch die nachwirkende Bedeutung der Entdeckung japanischer Farbholzschnitte im Fin-de-Siècle. Werefkins figurale "Bühne" bleibt statischer und "gefrorener" und entbehrt der gestischen Dynamik, aber um so sprechender sind der Anschnitt, die Details der Zeichnung, die angedeuteten Blicke einer Kommunikation, die unbestimmt erotisiert scheint und suggestiv in der Luft liegt.

Provenienz

Sammlung Till Neuburg, Mailand; Trudi Neuburg-Coray, Galleria Castelnuovo, Ascona; Katrin Muzik, Pfaffhausen; Deutsche Privatsammlung

Literaturhinweise

Bernd Fäthke, Marianne Werefkin, Leben und Werk 1860-1938, München 1988, S. 232 mit Abb., Tafel Nr. 29

Ausstellung

Ascona 1967 (Galleria Castelnuovo), Marianne von Werefkin, Nr. 1 mit Abb. ("um 1900"); Köln 1969 (Galerie Gmurzynska), Marianne von Werefkin, Ölbilder, Gouachen, Zeichnungen, Nr. 1 mit Abb. ("ca. 1900"); Ascona 1972 (Galleria Castelnuovo), Marianne von Werefkin, Ölbilder, Gouachen, Aquarelle, Zeichnungen und Skizzen, Nr. 22 mit Abb. ("um 1900); Wiesbaden 1980 (Museum Wiesbaden), Marianne Werefkin, Gemälde und Skizzen, Nr. 25 mit Abb.; Ascona 1988/ München 1988 (Monte Verità, Museo Comunale d'Arte Moderna, Centro Culturale Beato Berno/ Villa Stuck München), Marianne Werefkin e i suoi amici/ Marianne Werefkin und ihr Freundeskreis, Nr. 29 mit Abb.; Murnau 2002 (Schloßmuseum Murnau), Marianne von Werefkin in Murnau, Kunst und Theorie, Vorbilder und Künstlerfreunde, Kat. Nr. 37 mit Farbabb. S. 85; Ascona 2003 (Museo comunale d'arte moderna Ascona), Marianne Werefkin a Murnau, Arte e teoria, amici e maestri; Bonn 2004/ Bremen 2005 (August Macke Haus Bonn/ Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen, Paula Modersohn-Becker Museum), Femme Flaneur. Erkundungen zwischen Boulevard und Sperrbezirk