Hans Holbein d. J., Nachfolge - BILDNIS GEORGE BROOKE, NEUNTER BARON COBHAM - image-1

Lot 1014 Rα

Hans Holbein d. J., Nachfolge - BILDNIS GEORGE BROOKE, NEUNTER BARON COBHAM

Auktion 977 - Übersicht Köln
14.05.2011, 00:00 - Alte Kunst
Schätzpreis: 80.000 € - 100.000 €
Ergebnis: 72.600 € (inkl. Aufgeld)

Hans Holbein d. J., Nachfolge

BILDNIS GEORGE BROOKE, NEUNTER BARON COBHAM

Öl auf Holz. 31 x 31 cm.

Mit umlaufender Inschrift: GEORGIVS DOMINVS DE COMBHAM GVBERNATOR CALETTI ET PATER GULIHELLMI DE COMBHAM.
Dieses Bildnis George Brookes, des neunten Baron Cobham, aus der unmittelbaren Nachfolge Hans Holbeins des Jüngeren steht in enger Beziehung zu einer Kreidezeichnung Holbeins, die sich in der Königlichen Sammlung in Windsor Castle befindet (RL 12195). Zeichnung und Gemälde stellen dieselbe Person in gleicher Weise dar, vor allem aber sind die Maße der Darstellungen vollkommen identisch. Das vorliegende Bildnis entstand jedoch nicht unmittelbar nach der Zeichnung, wie Foister betont hat, sondern nach einer verlorenen Vorlage. Ob es sich bei dieser Vorlage um ein Gemälde handelte und ob es eine gemalte Version von Hans Holbein dem Jüngeren selbst gab, ist nicht zu klären.
Eine technologische Untersuchung des vorliegenden Bildnisses anlässlich der Ausstellung in der Tate Gallery (1996) hat eine freihändige Unterzeichnung zum Vorschein gebracht und Smalte auf der Bildoberfläche nachgewiesen, die darauf hindeuten, dass der Bildhintergrund einst blau war. Über die Datierung des vorliegenden Bildnisses herrscht keine Einigkeit. Die Zeichnung wird vornehmlich zwischen 1538 und 1543 datiert, dem Todesjahr des Künstlers. Das Gemälde entstand in jedem Fall nach 1544, als Lord Cobham Statthalter von Calais wurde, worauf die Inschrift verweist. Foister nennt als terminus ante quem zudem das Jahr 1549, insofern der Hosenbandorden nicht abgebildet ist, der Lord Cobham in diesem Jahr verliehen wurde (Foister 1996, S. 44). Diese Schlussfolgerung erscheint jedoch nicht zwingend, wenn man annimmt, dass sich der Künstler genau an die Vorlage gehalten hat. Zumindest halten andere Forscher eine spätere Entstehung für möglich.
Lord Cobham war der Inbegriff des erfolgreichen Höflings der bewegten Tudor-Zeit. Die Verleihung des Hosenbandordens und die Statthalterschaft von Calais sind erwähnt worden. Er nahm an Feldzügen in Frankreich und Schottland teil, war am Prozess gegen Anne Boleyn beteiligt, unterstützte die Sache der Reformation und profitierte wie andere Günstlinge Heinrichs VIII. von der Enteignung kirchlicher und klösterlicher Güter. Unter Edward VI. war er zudem Mitglied des Privy Council. Sein Enkel, der elfte Baron Cobham, sollte sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts an den katholischen Verschwörungen gegen James I. beteiligen und der Baronie Cobham verlustig gehen.

Provenienz

Auktion Sotheby´s, London, 25.6.1969, Lot 36. – Rafael Valls, London. – Westdeutsche Privatsammlung.

Literaturhinweise

John Rowlands: Rezension “Holbein and the Court of Henry VIII” at the Queen´s Gallery, Buckingham Palace. In: Burlington Magazine CXXI (1979), S. 54-56 mit Abb. - John Rowlands: Holbein. The Paintings of Hans Holbein the Younger. Oxford 1985, S. 236, Nr. R38, Abb. 246. - Ausst.-Kat. Edinburgh 1993: Holbein and the Court of Henry VIII. Drawings and Miniatures from the Royal Library Windsor Castle. Hg. v. Jane Roberts 1993, S. 68 mit Abb. - Ausst.-Kat. Orlando 1987: Drawings by Holbein from the Court of Henry VIII. Hg. v. Jane Roberts, Houston 1987, Nr. 48. - Ausst.-Kat. London 1996: Dynasties. Painting in Tudor and Jacobean England 1530–1630, Hg. v. Karen Hearn, London 1995, S. 23 Nr. 9. Darin: Susan Foister: The Production and Reproduction of Holbein´s Portraits, S. 21- 28, S. 23. - Susan Foister: Holbein and England, New Haven und London, S. 69 mit Abb.

Ausstellung

“Dynasties. Painting in Tudor and Jacobean England 1530–1630”, Tate Gallery, London, 1996.