Paula Modersohn-Becker - Armenhäuslerin im Garten sitzend - image-1

Lot 255 R

Paula Modersohn-Becker - Armenhäuslerin im Garten sitzend

Auktion 979 - Übersicht Köln
31.05.2011, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 100.000 € - 120.000 €
Ergebnis: 98.010 € (inkl. Aufgeld)

Öl auf Karton 32/32,5 x 43,7 cm, gerahmt. Unten links rotbraun monogrammiert P.M.B. - Rückseitig von Otto Modersohn mit Bleistift bestätigt ''Dieses Bild stammt von Paula Modersohn Becker. 17. IV.20.". - Mit winzigen Retuschen im Gesicht und an der rechten Hand. Mit Reißnagellöchern in den Ecken, der Karton partiell auf Holz montiert.

Busch/Schicketanz/Werner 717

Paula Modersohn-Becker strebte danach Menschen in ihrer ursprünglichen Umgebung abzubilden, um auf diese Weise die innere Verbundenheit, das harmonische Miteinander von Mensch und Natur darzulegen. Neben den Landschaftsstudien und Stilleben stellen die Figurenkompositionen die wichtigste Bildgattung im Schaffen der Künstlerin dar. Das in seiner Einfachheit besonders schöne Bildnis einer Armenhäuslerin ist in bewusst lockerem Duktus mit Öltemperafarben auf grundierte Pappe gemalt. Die Skala der Farben ist gedämpft, die Malweise fast skizzenhaft. Es überwiegen warme, meist mit Grau gemischte Farbtöne. Da die Künstlerin den matten Oberflächencharakter schätzte, ist die Arbeit nicht gefirnisst.
Paula Modersohn-Becker war im März des Jahres 1907 nach Worpswede zurückgekehrt. Die Monate zuvor hatte sie in Paris verbracht, wo sie mit großer Begeisterung die Cézanne-Sammlung von Pellerin wie auch die große Gauguin-Retrospektive gesehen hatte. Die vorliegende Arbeit ist vermutlich im Juli 1907 bei einem Besuch des Ehepaars Lee und Bernhard Hoetger entstanden, das sich in dem nahe der von Karl Ernst Osthaus am Hohenhof in Hagen initiierten Künstlerkolonie gelegenen Vorort Holthausen niedergelassen hatte. Der Schluss, dass unser Bild ebenfalls in Holthausen entstanden ist, scheint plausibel, zumal dokumentiert ist, dass die Künstlerin das Gemälde "Alte Armenhäuslerin im Garten mit Glaskugel und Mohnblumen", 1907, WVZ Nr. 720) in Holthausen gemalt hat. Auch auf unserer Arbeit bilden gelbe und grüne Glaskugeln neben der offenen Landschaft mit Bauernhaus die Hintergrundkulisse. Als vorbereitende Kompositionsstudien existieren drei um 1907 datierte Kohlezeichnungen "Alte Bäuerin im Garten" (Kunsthalle Bremen, Inv.Nr. 1947/64), "Sitzende Alte im Garten" (Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen, Inv.Nr. PMB 1993/056), sowie "Alte im Garten zwischen zwei auf Stangen gestülpten Kugelflaschen" (Privatbesitz, siehe Ausstellungskatalog Bremen 1968, Kat. Nr. 43). Am 20. November starb Paula Modersohn-Becker wenige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter Mathilde an einer Embolie.

Werkverzeichnis

717 Busch/Schicketanz/Werner

Provenienz

Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf (1920); Bob Gésinus-Visser, Witten (um 1930); Peter Emil Noelle, Witten (1937); Privatbesitz Basel (1968); Galerie Beyeler, Basel (mit Etikett auf dem Rahmenkarton); Galerie Alex Vömel, Düsseldorf (1979); Privatsammlung Schweiz

Ausstellung

Witten 1936 (Märkisches Museum), Ausstellung der Wittener Privatsammlung von Bob Gésinus-Visser; Hagen 1951 (Karl Ernst Osthaus-Museum), Paula Modersohn-Becker 1876-1907, Kat. Nr. 27