Tiziano Vecellio, gen. Tizian, Werkstatt - MADONNA MIT KIND, JOSEPH, HL. JOHANNES UND STIFTER. - image-1

Lot 1158 Dα

Tiziano Vecellio, gen. Tizian, Werkstatt - MADONNA MIT KIND, JOSEPH, HL. JOHANNES UND STIFTER.

Auktion 903 - Übersicht Köln
19.05.2007, 10:30 - Alte Kunst (900 C)
Schätzpreis: 40.000 € - 60.000 €
Ergebnis: 77.350 € (inkl. Aufgeld)

Tiziano Vecellio, gen. Tizian, Werkstatt

MADONNA MIT KIND, JOSEPH, HL. JOHANNES UND STIFTER.

Im Zentrum des Bildes lagert die Muttergottes - als Ausdruck ihrer Demut - auf dem Boden, in einem Buch lesend, auf ihrem Schoß das Jesuskind, das einen Stieglitz als Symbol der Passion umklammert. Das Jesuskind wendet sich nach rechts, wo ihm der kniende Johannesknabe einen Stifter präsentiert, der im Profil dargestellt ist. Links neben Maria befindet sich Joseph, auch er auf dem Boden sitzend und zum Stifter hinüberblickend. Der Bildtypus folgt der Darstellung der Madonna mit Kind in einer Landschaft, wie sie von Giovanni Bellini in die venezianische Kunst eingeführt und von Tizian mit Werken wie der „Madonna mit dem Kaninchen“ (Louvre, Paris) und der „Madonna mit Kind und Hl. Katharina“ (National Gallery, London) zu einem höchst populären Bildtypus entwickelt wurde.
Beim vorliegenden Gemälde handelt es sich, wie von J. Wilde (op.cit.) in einem Aufsatz dargelegt, um eine zeitgenössische, leicht abgewandelte Kopie eines Werks von Tizian, die von einem Künstler der Werkstatt oder des Umkreises Tizians geschaffen wurde. Aufgrund der Qualität des Gemäldes ist es in der kunsthistorischen Literatur Künstlern wie Palma Vecchio, Pordenone und Bonifazio de' Pitati zugeschrieben worden, für ein Werk des Letztgenannten hielt es etwa G. F. Waagen. Dass es sich beim Autor unseres Gemäldes in jedem Fall um einen höchst befähigten Künstler handelt, zeigen die harmonische, rhythmische Figurenkomposition wie auch die ausgewogene Lichtregie des Bildes.
Als Vorlage für dieses Gemälde diente wohl eine Darstellung der Madonna mit Kind und hl. Katharina von der Hand Tizians, deren Original sich nicht erhalten hat, von der jedoch eine Replik bzw. Kopie im Philadelphia Museum of Art existiert (H. Wethey, Titian, Bd.1, p.180-109, Nr. 64, Abb.32). In diesem Gemälde senkt Maria kontemplativ den Blick, anstatt in einem Buch zu lesen, und der Johannesknabe blickt nach rechts oben zur hl. Katharina, anstatt nach rechts unten zu einem Stifter. In unserem Gemälde wurde diese Kerngruppe aus Maria und dem Jesusknaben leicht verändert übernommen und durch Joseph zur linken sowie den hl. Johannes und den Stifter zur Rechten ergänzt. Der Tradition nach handelt es sich bei diesem Stifter um den Herzog von Ferrara.
Die zentrale Figurengruppe dieses Gemäldes, bestehend aus Maria und dem Jesusknaben, wurde offensichtlich geschätzt und entsprechend häufig kopiert. So hat sich eine Kopie in der Dresdener Gemäldegalerie erhalten (Posse 1929, op.cit.), eine weitere Kopie kommt in dieser Auktion als Lot ? zum Aufruf.

Provenienz

Cooling Galleries; Slg. Spangenberg; Slg. N. Hudtwalcker, Hamburg; Slg. W. Löwenfeld, München; Slg. von Staden, Insterburg; Rheinische Privatsammlung.

Literaturhinweise

Anonym [N. Hudtwalcker], Catalog der Gemälde-Sammlung von Nicolaus Hudtwalcker in Hamburg, Hamburg 1854, S. 89; E.v. Hoerschelmann, Collection Wilhelm Löwenfeld, Erläuterndes Verzeichnis der in der Gemäldesammlung W. L. befindlichen Gemälde alter und zeitgenössischer Meister, München 1897, S.14, Nr.23; H. Posse, Die Staatliche Gemäldegalerie zu Dresden, Vollständiges beschreibendes Verzeichnis der älteren Gemälde, Dresden 1929, Bd.1, S.89, Nr.75; J. Wilde, Wiedergefundene Gemälde aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm, in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien, N.F. Bd. 4 (1930), S. 264-265, Abb. 274.