Lancelot Théodore Comte de Turpin de Crissé - DIE AKROPOLIS IN ATHEN - image-1

Lot 1423 Dα

Lancelot Théodore Comte de Turpin de Crissé - DIE AKROPOLIS IN ATHEN

Auktion 987 - Übersicht Köln
19.11.2011, 00:00 - Alte Kunst
Schätzpreis: 450.000 € - 500.000 €
Ergebnis: 496.100 € (inkl. Aufgeld)

Lancelot Théodore Comte de Turpin de Crissé

DIE AKROPOLIS IN ATHEN

Öl auf Leinwand (doubliert). 110,5 x 161,5 cm.
T. Turpin 1804.

Mit dem Parthenon-Tempel auf der Athener Akropolis zeigt das vorliegende Gemälde das wohl bekannteste Baudenkmal der griechischen Antike, das nach einer bewegten Geschichte zumindest in Teilen bis heute existiert. Als Tempel für die Stadtgöttin Pallas Athena wurde der Bau im Auftrag des Perikles 447 v. Chr. begonnen. In ungewöhnlicher kurzer Bauzeit konnte der monumentale Tempel bereits 438 vollendet werden, während an der umfangreichen Dekoration noch bis mindestens 433 v. Chr. gearbeitet wurde. Annähernd tausend Jahre lang blieb der Parthenon nahezu vollständig erhalten. Erst Mitte des 5. Jahrhunderts, als der Tempel in eine christliche Kirche umgewandelt wurde, erfuhr der Bau durch die Anfügung einer Apsis und die Beseitigung der inneren Säulen erste Veränderungen. Mit der Umwandlung in eine Moschee infolge der Eroberung Athens durch die osmanischen Herrscher 1456 wurde dem Bau ein Minarett angefügt. Als folgenschwerste Katastrophe in der Geschichte der Akropolis erwies sich jedoch die Explosion der von den Osmanen im Parthenon untergebrachten Pulverkammer am 26. September 1687, die den gesamten, bis dahin intakten Dachstuhl einstürzen ließ und dem seither nicht mehr genutzten Gebäude schwere Schäden zufügte.
Die Originale der aufwendigen, aus Marmor gefertigten Bildhauerarbeiten, mit denen der Parthenon innen wie außen dekoriert wurde, befinden sich heute, soweit sie erhalten sind, im kürzlich neu eröffneten Akropolis-Museum sowie im Louvre und in Kopenhagen. Ein großer Teil der Bauskulptur wird seit dem frühen 19. Jahrhundert auch im British Museum in London aufbewahrt. Hierbei handelt es sich um die berühmten „Elgin Marbles“, die Lord Elgin (Thomas Bruce, 7th Earl of Elgin und 11th Earl of Kincardine) als britischer Botschafter in Konstantinopel mit Erlaubnis des Sultans zwischen 1801 und 1804 nach Großbritannien verbrachte, darunter knapp die Hälfte des umlaufenden Frieses sowie 14 der 92 Metopenreliefs.
Unser Gemälde zeigt den Parthenon noch mit den originalen Elgin Marbles, die nur kurz zuvor entfernt worden waren. Das Gemälde dürfte damit eine der letzten Ansichten sein, die den Bau mit dem zu diesem Zeitpunkt noch in situ erhaltenen Bauschmuck wiedergeben. Das Bild dokumentiert ferner die kleine überkuppelte Moschee, die nach der Explosion von 1687 im Inneren des nunmehr offenen Tempels errichtet und im Zuge der Restaurierungen des 19. Jahrhunderts wieder abgetragen wurde.
Die großformatige Vedute des französischen Malers Lancelot-Théodore Comte de Turpin de Crissé ist darüber hinaus aber auch ein bedeutendes Zeugnis der im 18. Jahrhundert einsetzenden Griechenland-Begeisterung, die in der philhellenischen Bewegung gipfelte, die den 1821 beginnenden Freiheitskampf der Griechen gegen die Türken unterstützte. Dieser Befreiungskampf, an dem u. a. auch Lord Byron teilnahm, endete 1830 mit dem Protokoll von London und der Errichtung eines unabhängigen griechischen Königreichs.
Auch als Reiseziel gewann Griechenland seit dem 18. Jahrhundert stetig an Bedeutung. Dabei waren es nicht mehr nur Adelige und Künstler, die im Zuge ihrer Kavaliers- bzw. Ausbildungstouren neben Italien und Frankreich auch Griechenland aufsuchten, sondern zunehmend auch ein wohlhabend gewordenes Bürgertum, das sich auf ausgedehnten Bildungsreisen an den Ursprungsort der griechischen Antike begab.
Turpin de Crissé unternahm seine ersten Europareisen, die ihn in die Schweiz, nach Italien und wohl auch nach Griechenland führten, mit der Unterstützung des Comte de Choiseul-Gouffier, der seinerseits bereits 1776 in Griechenland gewesen war und dem jungen Künstler auch die ersten Aufträge verschaffte. So handelt es sich möglicherweise auch bei unserem Gemälde der Akropolis um einen Auftrag des Comte. Im Salon stellte Turpin de Crissé erstmals 1806 aus, u. a. eine heute nicht mehr nachweisbare Ansicht des Minerva-Tempels in Athen, die vermutlich ebenfalls von Choiseul-Gouffier in Auftrag gegeben worden war. Es schloss sich eine steile Karriere am napoleonischen Hof an, wo Turpin de Crissé 1809 zum Kammerherr der Kaiserin Josephine ernannt wurde, die überdies eines seiner Bilder mit der Ansicht von Civita Castellana erwarb. Die Gemälde Turpin de Crissés waren seitdem hoch geschätzt und wurden ebenso hoch bezahlt. Mit Jean-Auguste-Dominique Ingres arbeitete Turpin de Crissé bei einem Album zur Erinnerung an die Krönung Karls X. zusammen. Von der Hand Ingres stammt auch eine im New Yorker Metropolitan Museum aufbewahrte Zeichnung, die uns eine Porträtansicht Turpin de Crissés überliefert. Ab 1835 widmete sich der Maler schließlich vorrangig dem Aufbau seiner umfangreichen Kunstsammlung, die u. a. ägyptische Skulpturen, griechische Vasen, Münzen, aber auch Gemälde seiner Zeitgenossen umfasst. Diese Sammlung vermachte er der Stadt Angers, die sie seit 1889 im Hôtel Pincé als Musée Turpin de Crissé der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Provenienz

Marie-Gabriel-Florent-Auguste Comte de Choiseul-Goffier (1752-1817), Paris. – Auktion Louis Jean Joseph Dubois, Paris, Hôtel de Marbœuf, 20.7.1818 ("Catalogue d’antiquités égyptiennes, grecques, romaines et celtiques; copies d’antiquités; modèles d’édifices ancien; sculptures modernes; tableaux; dessins; cartes; plans; colonnes; tables et meubles précieux, formant la collection de feu M. le Cte de Choiseul-Gouffier"), Lot 339: "Vue du Parthénon, à Athènes. Par M. le comte de Turpin. E. Hauteur, 1 mètre 11 cent. (5 pieds 4 pouces) Largeur, 1 mètre 61 cent.( 4 pieds 10 pouces)“. - Christie´s, New York 12.2.1998, Lot 5. - Westdeutsche Privatsammlung.