Walter Dexel - 1922 XIV - image-1

Lot 224 D

Walter Dexel - 1922 XIV

Auktion 990 - Übersicht Köln
02.12.2011, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 28.000 € - 30.000 €
Ergebnis: 60.500 € (inkl. Aufgeld)

Hinterglasbild 33 x 28,2 cm (35,4 x 30,3 cm), gerahmt. Unten rechts in die Malschicht gekratzt signiert und datiert W DEXEL 22 sowie rückseitig auf dem Rahmungs-Karton mit schwarzem Pinsel zusätzlich signiert, datiert und bezeichnet VORSICHT GLASBILD! ZERBRECHLICH. WALTER DEXEL 1922 XIV. - Rückseitig mit dem handschriftlichen Sammlungsvermerk und Papieretikett "Dr. Glaser, Privatbesitz 1922 XIV" sowie mit einem handschriftlich bezeichneten Etikett "74009 Gla" versehen.

Wöbkemeier 194, mit ganzseitiger Farbabb.

Es handelt sich hier um eine der seltenen frühen Arbeiten des Künstlers, der damals Geschäftsführer des Kunstvereins Jena war. Seit dem 19. Jahrhundert war in Jena die Glas- und Optikindustrie ansässig. Dexel, der Teil der avantgardistischen deutschen Kunstszene war, pflegte nicht nur freundschaftliche Kontakte zum ‚Sturm', sondern auch zu dem programmatisch ausgerichteten Weimarer ‚Bauhaus' und hier vor allem zu Theo van Doesburg, der 1922 in Weimar ‚De-Stijl-Kurse' durchführte. Im selben Jahr fand in Weimar ein ‚Internationaler Kongress der Konstruktivisten und Dadaisten' statt. Dexel ging in jener Zeit zu einem zunehmend radikalen, abstrakt-konstruktivistischen Stil über. Dabei gab es aus seiner Sicht stets einen engen Zusammenhang zwischen freier und angewandter Kunst, die er als fruchtbares Bündnis betrachtete und für beide Bereiche nicht nur den gleichen Qualitätsanspruch, sondern auch eine gesellschaftliche Funktion erhob. Dexels Tätigkeit war ausgesprochen vielseitig, war er doch zugleich freier Künstler, Typograph, Bühnenbildner, Kunstkritiker und Lehrer. Er erstrebte eine Abstraktion des Sujets mit dem Ziel der Gewinnung und Rhythmisierung von Fläche. Bei unserem Hinterglasbild ist die Abstraktion so weit fortgeschritten, dass eine genaue Bestimmung des ursprünglichen Motivs nicht mehr möglich ist, jedoch erinnern die einander gegenüberliegenden halbrunden Segmente der Bildmittelachse an eine aufs Zeichenhafte reduzierte Maschine. Die nebeneinander liegenden, durch Weißaufmischung harmonisierten und fein nuancierten Farbsegmente stehen in Kontrast zu den dunklen, schwarzen und grauen Feldern. Den Untergrund hat Dexel weiß belassen, um sich intensiv mit der Form- und Farbverspannung dieser auf die Mittelachse reflektierten und dadurch ausbalancierten Komposition zu befassen. In den Jahren 1921 und 1922 entstand eine ganze Reihe von Glasbildern, denen ebenfalls 1922 eine eigene, sehr erfolgreiche Ausstellung in der Galerie Garvens in Hannover gewidmet war. Das Besondere dieser Glasbilder ist einerseits die Ambivalenz von Fragilität und Festigkeit, andererseits weisen die Bilder durch die vorgesetzte Glasscheibe auf einen weiteren, dahinter liegenden imaginären Raum hin. Dabei nahm der Künstler in Kauf, dass die individuellen Spuren seiner Pinselschrift hinter der homogenen Glasfläche zugunsten einer Art glatter Reklamefunktion verloren gingen.

Werkverzeichnis

194 Wöbkemeier, mit ganzseitiger Farbabb.

Provenienz

Sammlung Dr. Fritz Glaser, Dresden; Sammlung Jung-Alsen, Berlin (1978); Galerie Koller, Zürich, dort vom Nachlaß Walter Dexel 1992 zurückerworben; Privatsammlung Norddeutschland