Öl auf Leinwand, auf feste Malpappe aufgezogen 32,5 x 38,7 cm, gerahmt. Unten rechts schwarz signiert M. Lieberman [über dem m mit Dopplungsstrich] und kaum leserlich datiert 08. - Rückseitig auf der Malpappe mit dem runden alten Stempel der Berliner Malmittelhandlung Doris Ranfft und einem gestempelten Etikett der Züricher Restaurierungswerkstatt Daniel Fabian (Nr. 8853) sowie mit einem alten Papieretikett, darauf mit Tinte handschriftlich "Liebermann No.1134" versehen. Auf dem Rahmen mit dem Papieretikett der Galerie Aktuaryus, Zürich, und einem alten deutschen Zollstempel versehen und mit Tinte mit der Adresse von "Frau T. Schalk, Zürich" beschriftet.
Eberle 1908/20 [hier "Karton"]
Das Seestück ist ein ebenso wiederkehrendes Motiv im Werk Max Liebermanns wie seine Bilder aus dem Berliner Tiergarten oder von seinem Garten am Wannsee. Ab1872 verbringt der Maler den Sommer zu Studienzwecken in Holland und hält seine nahestehenden Künstlerkollegen an, es ihm gleich zu tun. Man malt an den niederländischen und deutschen Nordseeküsten wie auch an der Ostsee.
Nach der Jahrhundertwende widmet sich Liebermann bevorzugt dem mondänen Strandleben, er malt vor Ort in der Natur an der Staffelei (s. Vergleichsabbildung). Im Entstehungsjahr des vorliegenden Strandbildes, 1908, verbringt Liebermann die Monate August und September in Amsterdam; danach fährt er nach Nordwijk. "In diesem für ihn so unerhört produktiven Sommer malt er eine ganze Serie der prachtvollsten Strandbilder (1908/14-39)." (Matthias Eberle, Max Liebermann, Werkverzeichnis der Gemälde und Ölstudien, Bd. II, München 1996, S. 531)
Diesem Werk "Strand in Nordwijk bei Sturm" wie auch den anderen Strandbildern ist die harmonische, beinahe dem Goldenen Schnitt folgende, Flächenaufteilung gemeinsam. Daß der diagonal in die Tiefe führende Meeressaum immer links des Betrachters liegt, mag den biographischen Umständen geschuldet sein, d.h. der Lage des Liebermann'schen Domizils Huis Ter Duin, und seinem täglichen Weg den breiten Strand entlang. Von den üblichen sommerlichen Strandvergnügungen wie Sandburgenbauen, Quallensuche, Baden und Bräunen zeugen nur noch vereinzelt stehende Strandkörbe und ein einsamer grüner Badekarren am Ende des Strandabschnitts. Schon die dunklere Kleidung der Spaziergänger entspricht dem Wetterumschwung. Sie ist den hellerdigen, sandfarbenen Farbvaleurs angenähert - intensiviert durch kräftige gelbe, blaue und türkisgrüne Akzente -, in denen Liebermann mit flottem pastosen Pinselstrich die Szenerie meisterhaft erfaßt hat. Mit Verve sind Röcke und Mäntel von Windböen verweht, gebeugt stemmen sich die Figuren dem Wetter entgegen. Durch die auslaufenden, mit weißer Gischt gekrönten Wellen trabt ein einzelner Reiter. In nuce hat Liebermann die besondere Atmosphäre eines spätsommerlichen Tags an der holländischen Nordsee auf das Wesentliche reduziert und äußerst lebendig charakterisiert.
Werkverzeichnis
1908/20 Eberle
Provenienz
Karl Steinbart, Berlin Groß-Lichterfelde (1911); Paul Cassirer, Berlin (1914, PC Nr. 2046) (?); Galerie Aktuaryus, Zürich (bis 1939); dort am 27.2.1939 erworben von Ernst Schalk-Müller, Zürich; Sammlung Emil G. Bührle, Zürich; Privatbesitz Schweiz
Literaturhinweise
Gustav Pauli, Max Liebermann. Des Meisters Gemälde in 304 Abbildungen, Klassiker der Kunst, Bd. XIX, Stuttgart-Leipzig 1911, S. 252 mit Abb. S. 194; Erich Hancke, Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1914, Werkkatalog S. 544 ("Strand im Sturm"); Galerie und Sammler, Monatsschrift der Galerie Aktuaryus, Jg. XIII, Zürich 1945, mit Titelabb.
Ausstellung
St. Gallen 1948 (Kunstverein), Max Liebermann, Kat. Nr. 48 [dort "auf Leinwand"]