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Lot 215 D

Oscar Marie Frans Jespers - Vrouwekop (Frauenkopf)

Auktion 997 - Übersicht Köln
22.05.2012, 00:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 20.000 € - 30.000 €
Ergebnis: 39.040 € (inkl. Aufgeld)

Steinskulptur. Rötlicher Sandstein, getönt. Höhe 35 cm. Auf Sockel aus hellerem getönten Muschelkalk (14,5 x 13 x 18 cm) montiert. Rückseitig am Hals unten rechts mit der eingeschlagenen Signatur O.Jespers (schwer leserlich) versehen. - Der Sandstein mit Spur eines Lagers, stellenweise mit weisslichen Ausblühungen. - Der Sockel an den Ecken zum Teil bestossen.

Boyens 101

Das Werk des Antwerpener Bildhauers Oscar Jespers - sein jüngerer Bruder war der Maler Floris Jespers -, setzt 1912 ein. Es entstehen erste Porträts, Jespers entwickelt jedoch rasch unter dem Einfluß der modernen Avantgarde nach dem 1. Weltkrieg eine experimentelle, abstrakte Formensprache, die auf charkateristische Weise seine Standfiguren und Köpfe bis zur Ungegenständlichkeit stilisiert. Vieles aus dieser Zeit, in der ihn die Kritik und die Kunsttheorie des bedeutenden flämischen Dichters Paul van Ostaijen (1896 - 1928) stützte, scheint vom Künstler selbst zerstört worden zu sein oder blieb verschollen. Erst in den zwanziger Jahren verfestigt sich Jespers Arbeitsmodus und sein eigener Stil, der sich durch eine Konzentration auf den stereometrischen und statischen, plastischen Körper mit zum Teil ornamentalen Anklängen auszeichnet. In seinen gelungensten kubistischen Werken verschmelzen jedoch Figur und Form zu einer Synthese, die von den Eigenschaften des gewählten Materials mitbestimmt ist, bei Jespers - klassischerweise - sehr häufig die "taille directe" in gehauenem Stein. Wesentlich waren in diesen Jahren die Verbindungen zur Galerie Le Centaure, zum freundschaftlichen Künstlerkreis um Constant Permeke, Gustav De Smet, Frits van den Berghe, auch die Beziehung zu Henry van de Velde, der ihm 1927 bei der Gründung der Nationalen Höheren Schule für Bau- und Dekorationskunst in Brüssel die Bildhauerklasse anträgt. Der Künstler ist auf dem Höhepunkt seines Erfolges. Er siedelt mit der Familie von Antwerpen nach Brüssel um, doch stirbt dort noch im selben Jahr die kleine Tochter Hella, ein schicksalshafter Einschnitt, der seine Kunst beeinflussen sollte. Das Oeuvre umfast etwa 364 Skulpturen, die meisten in Privatbesitz, wenige heute museal, etwa im Museum für Schöne Künste in Oostende, zu besichtigen.

In den Jahren 1921 - 1931 entsteht eine bedeutsame Serie von über dreißig Köpfen, die eine wichtige Werkgruppe im Oeuvre darstellen: etwa das große Steinbildnis "Constant Permeke" im Provinzial Museum Constant Permeke in Jabbeke (vgl. Boyens 112) oder der bekannte Marmor-Kopf "Meisjeshoofd" ("Mädchenkopf") von 1927 der Sammlung M. Sacher-Stehlin, Basel (vgl. Boyens 100). Auch der vorliegende "Vrouwekop" entsteht in diesem Jahr, eine blockhafte wie zeichenhaft-archaische Form von geschlossenem Umriß. Der Kopf ist rundum-ansichtig gearbeitet, so daß aus jeder Perspektive sich ein eigener, überraschend neuer Reiz entfaltet. Der ovaloide, abstrahierte Kopf ist leicht geneigt und seitlich in eine Hand gelegt. Diese Abweichung aus der strengen Achsialität einer sonst bevorzugten symmetrisch-frontalen Gestaltung mag im Zusammenhang mit dem im gleichen Jahr entstandenen Grabmal für Anais und Frans Franck in Antwerpen zu sehen sein, einem in Bronze gegossenen "Engel", dessen Kopf waagerecht auf die rechte Schulter gelegt ist (vgl. Boyens 102). Jespers setzte sich zweifellos mit großen Vorbildern auseinander, mit dem Werk von Alexander Archipenko in der frühen abstrakten Phase und sehr offensichtlich mit dem Oeuvre Constantin Brancusis sowie mit der Rezeption außereuropäischer und afrikanischer Kunst, die für die Entwicklung des Kubismus in den 1920er Jahren wegweisend blieb.

Werkverzeichnis

101 José Boyens

Provenienz

Galerie Georges Giroux, Brüssel; Louisa (Germaine) Uydens, Antwerpen (1950 bei Giroux erworben); Privatbesitz Deutschland (aus dem Nachlaß Uydens erworben)

Ausstellung

Brüssel 1928 (Galerie Le Centaure), Constant Permeke, Oscar Jespers, Nr. 3, ohne Kat.; Antwerpen 1997 (Campo & Campo), 100 Jaar Campo