Öl und Tempera sowie Bleistift auf rückseitig bedrucktem Kunstdruckpapier 24,4/24,6 x 17,5/17,8 cm, auf Leinwand 25 x 18/18,2 cm aufgezogen, unter Glas gerahmt. Unten rechts mit Bleistift datiert Nov 3.... - (die Beschriftung leicht fragmentiert, die letzte Ziffer der Datierung 35 schwer leserlich). - Die untere rechte Papierecke beschädigt und unter Verwendung der Ecke restauriert. Laut Maur ist das Papier rückseitig bedruckt mit der Reproduktion einer pantomimischen Bühnenszene, diese diffus durch die Leinwand schimmernd. - Rückseitig auf dem Keilrahmen mit den bedruckten Aufklebern der Galerie "ALBERT LOEB AND KRUGIER", New York sowie dem Kunsthaus Bühler, Stuttgart.
Maur G 315
Werkverzeichnis
Maur G 315
Provenienz
Galerie Krugier, Genf; Kunsthandel Schweden; Kunsthaus Bühler, Stuttgart; ehemals Privatbesitz Stuttgart; Privatsammlung
Literaturhinweise
Hans Hildebrandt (Hg.), Oskar Schlemmer, München 1952, Werkkatalog (bearb. mit Tut Schlemmer) Nr. 286 ("Vorübergehende"); Karin von Maur, Oskar Schlemmer, Monographie, München 1979, S. 272 f. mit Abb. S. 273
Ausstellung
Köln 1952 (Galerie Ferdinand Möller), Oskar Schlemmer Sonderausstellung, Nr. 35; Stuttgart/ München 1953 (Württembergischer Kunstverein Stuttgart/ Haus der Kunst), Oskar Schlemmer, Gedächtnisausstellung zum 10-jährigen Todestag, Nr. 122 bzw. Nr. Nr. 108; Wuppertal/Kassel 1963 (Kunst- und Museumsverein Wuppertal/ Staatliche Kunstsammlungen Kassel), Oskar Schlemmer Spätwerke 1935-1942), Nr. 6; Genf 1964 (Galerie Krugier Genf), Oskar Schlemmer, Suites No. 6, Nr. 13; Paris 1972 (Espace Cardin, Maître Binoche, Tableaux Modernes 14.-18. Nov.), Nr. 181m, mit Abb.; Hamburg 1973 (Hauswedell & Nolte, Auktion 193, Moderne Kunst, 14.-16. Juni), Nr. 1736 mit Abb. S. 525; München 1973 (Wolfgang Ketterer München, 10. Auktion, 20. Jahrhundert, 26.-28. Nov.), Nr. 1130 mit Abb. S. 175; Stuttgart 1974, Kunsthaus Bühler, Ausgewählte Werke der klassischen Moderne, unpag. (S. 6), mit Abb. (3)
Das für das Oeuvre Schlemmers wichtige Figurenmotiv ist angelegt auf einer Zeichnung vom 20.11.1935, die der Hintergrundsfigur noch die Züge eines Buddha verleiht (handschriftliche Beschriftung buddha-/ figur/ lächelnd , vgl. Grohmann-Schlemmer ZB 454 mit Abb.). Wie Karin von Maur im Werkverzeichnis ausführt, notierte Schlemmer wenige Tage später in seinem Tagebuch neben einer weiteren Kompositionsskizze die Stichworte: Geschehnis und Bewegung gegenüber sonst (in gutem): statische Beharrung, ruhendes Dasein. Schlemmer ist in diesen späten Jahren nicht nur künstlerisch, sondern auch ideell von fernöstlicher Philosophie und Mystik berührt.
"Durch die schlaglichtartige Beleuchtung des Stehenden, vor der sich die dunkle Silhouette des Vorübergehenden - Reminiszenz an sein berühmtes Weimarer Gemälde 'Vorübergehender' - abhebt, entsteht eine eigentümliche Spannung zwischen Geschehnis und Zuständlichkeit, Bewegung und Ruhe, Dynamik und Statik. Daß die halb belichtete, halb verschattete Gestalt des Stehenden im Hintergrund ursprünglich als eine Buddahfigur gedacht war, offenbart die Vorzeichnung mit dem Vermerk [...]. So könnte diese kleine Ölstudie, die im Gegensatz zu dem Bauhausgemälde nicht tektonisch verspannt, sondern in fließendem Bewegungszug aus der Farbe heraus moduliert ist, andeutungsweise die Idee der sich ergänzenden Polarität zwischen westlich-dynamischer Lebensweise und östlich-meditativer Lebensweisheit verkörpern." (Karin von Maur, Oskar Schlemmer, Monographie, op. cit., S. 272/273)
Das erwähnte sehr bedeutende, um 1925 entstandene und seit der Beschlagnahmung 1937 in der Auktion "Entartete Kunst" verschollene Gemälde "Vorübergehender" (Maur G 136, ehemals Staatliche Gemäldegalerie Dresden) hielt Schlemmer selbst für eines seiner besten, mit der Komposition setzte er sich intensiv analytisch auseinander. Als 1932 der Patronatsverein Dresden das Gemälde erwarb, wiederholte Schlemmer es noch im gleichen Jahr in einer kleineren Zweitfassung (aus der Serie der sog. "Kleinbilder", vgl. Maur G 258 "Vorübergehender, Kleinbild III", 35,4 x 28,3 cm, ehemals Sammlung Dieter Keller, Stuttgart; vgl. Ausst. Kat. Stuttgart 1977, Oskar Schlemmer, Kat. Nr. 70 mit Farbabb. S. 59). Ist in diesen Gemäldefassungen die vordere "Diagonalfigur" deutlich als männlich charakterisiert, so bleibt in der hier vorliegenden Variation des Themas unbestimmt, ob sie nicht auch weiblich interpretiert werden könnte (bei Hildebrandt ist das Werk betitelt "Vorübergehende"): Kopf und Nacken scheinen wie von dunklem Haar eng umschlossen und der rechte Arm ist gegenüber dem lichten "Stehenden" wie zum Gruß erhoben. So ergäbe sich eine gewechselte Verschränkung der Figuren gegenüber der Erstfassung, in jedem Fall aber eine gewisse Vieldeutigkeit der Komposition, die formal zu den großen klassischen Entwürfen des Künstlers zählt.