Joannis Avramidis - Ohne Titel (Baum, Kleine Fassung) - image-1

Lot 505 D

Joannis Avramidis - Ohne Titel (Baum, Kleine Fassung)

Auktion 998 - Übersicht Köln
23.05.2012, 11:00 - Zeitgenössische Kunst
Schätzpreis: 25.000 € - 30.000 €
Ergebnis: 34.160 € (inkl. Aufgeld)

Bronze mit schwarzbrauner Patina Höhe 70 cm. Am Fuß der Figur mit der punzierten Signatur AVRAMIDIS sowie der Numerierung versehen. Eines von 6 numerierten Exemplaren.

Spätestens seit seiner Teilnahme an der Biennale in Venedig 1962 gehört Joannis Avramidis zu den herausragenden Bildhauern des 20. Jahrhunderts, ist in einem Atemzug zu nennen mit Alberto Giacometti oder Constantin Brancusi. Neben der menschlichen Gestalt konzentriert sich der in der UdSSR als Sohn pontischer Griechen geborene Avramidis seit den frühen 1960er Jahren auf das Thema Natur bzw. den Baum als Zeichen für Natur:

„1960 tritt im Werk des Griechen das Thema des Baumes zum ersten Mal dominierend in Erscheinung, bezeichnenderweise in eben jenem Augenblick, als der Künstler am intensivsten damit beschäftigt war, das organische Figurenvolumen der Hermetik der Konstruktion zu überantworten. In engem Zusammenhang mit der einachsigen, statischen Säulenfigur steht bei Avramidis die Vorstellung vom säulenartigen Baumstamm, der gleichermaßen die Idee vom aktiven Wachstum und Gewachsenem als Zustand in sich verkörpert. Es ist das uralte Thema des Baumes in seiner anthropomorphen Gestalt, in jener fast romantisch-lyrischen Anverwandlung zur Figur hin, das der Bildhauer in einer unübersehbaren Zahl zeichnerischer Variationen seit 1960 umkreist. Hier steht deutlich der arkadische Traum eines Hans von Marées [1837-1887] Pate, dessen Baumgruppen und Orangenhaine sich mit den sie umgebenden Figuren meist wie in einem geheimen, poetischen Zwiegespräch zu befinden scheinen. [...] Das Thema des Baumes birgt sein unauslotbares Rätsel wohl durch die anthropomorphe Symbolik, die über die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte in ihm verschlüsselt ist. Dieses Sujet der Formel zu erschließen und damit zu ernüchtern, galt als Avramidis' extremer Versuch. Es entstand eine gewissermaßen «organische Säule», deren «statische Bewegtheit» sich äußerst nahe an die Natur heranwagt, ohne sie jedoch durch die wie destillierte Reinheit der Konstruktion je anzutasten. Schon die kleine Fassung dieser Skulptur [Baum (Kleine Fassung)] läßt innere Größe spüren, die sechsundzwanzig Jahre später eine Umsetzung ins Monumentale fast mühelos erlaubte [Baum (Große Fassung), 213 cm].“ (Michael Semff, Joannis Avramidis, Skulpturen und Zeichnungen, München 2005, S.209/210)

Literaturhinweise

Michael Semff (Hg.), Joannis Avramidis, Zeichnungen, Ausst.Kat. Staatsgalerie Stuttgart Graphische Sammlung, Stuttgart-Bad Cannstatt 1986, Kat.Nr.VII, S.29 mit Abb.