Auktion 1265 am Freitag, 16. Mai 2025 Kunstgewerbe

Ein Renaissance-Schiffspokal aus dem Regensburger Silberfund von 1869

Am 26. Februar 1869 machten Handwerker beim Abbruch eines Regensburger Patrizierhauses einen spektakulären Fund: Unter den Stufen einer Treppe kam eine Holztruhe mit kostbaren Silberobjekten der Renaissance zum Vorschein, die ein Vorbesitzer des Hauses, der Kaufmann Georg Hoffmann, um 1630 in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges dort versteckt hatte. Unter andrem befanden sich darin 20 vergoldete Trinkgefäße von allerhöchster Qualität.

Dieser sogenannte „Regensburger Silberfund“ beherrschte für lange Zeit die Zeitungsmeldungen. Der Silberschatz wurde von zwei Kunsthistorikern inventarisiert, großformatige Albuminabzüge der Akelei- und Traubenpokale, der Deckelhumpen und Scherzgefäße wurden für 30 Kreutzer das Stück verkauft, und eine zehntägige Ausstellung des Silberschatzes im Regensburger Rathaus zählte mehr als 5.400 zahlende Besucher. Das Eintrittsgeld von 6 Kreutzern kam bedürftigen Regensburger Bürgern zugute.

Der Besitzer des inzwischen abgetragenen Patrizierhauses verkaufte den gesamten Fund im darauffolgenden Jahr an den Leipziger Sammler Eugen Felix, aus dessen Besitz verschiedene Stücke mehr als zehn Jahre später auf den Kunstmarkt gelangten. Ein früher Regensburger Doppelpokal, ein Augsburger Deckelhumpen und ein Jungfrauenbecher befinden sich heute in der Sammlung des Metropolitan Museum of Art, New York.

Ein großer Teil der Sammlung kam 1886 bei J. M. Herberle (H. Lempertz Söhne) in Köln zur Versteigerung – darunter ein vergoldeter Schiffspokal, den der Nürnberger Meister Tobias Wolff um 1620 fertigte, und der nun, 139 Jahre später, am 16. Mai erneut bei Lempertz zum Aufruf kommt. Im Inventar von 1869 ist er unter Nummer 5 aufgeführt:

„Eine Tafelzierde in Form einer Goelette (Segelschiff) mit geschwellten Segeln und Schiffstauen, darin bewaffnete Bemannung, stellenweise emaillirt (…)“

Die frühen Photographien aus dem Entdeckungsjahr erlauben eine eindeutige Identifizierung des Pokals, der erst in jüngster Vergangenheit dem Regensburger Silberfund zugeordnet werden konnte. 

Schiffspokale feierten in der Zeit um 1600 einen Höhepunkt in ihrer Verbreitung und Beliebtheit. Das Schiff steht symbolisch für eine Schicksalsgemeinschaft oder für – auch unternehmerischen – Wagemut. Direkter gelesen bildet es das Mittel ab, mit dem Europäische Kaufleute wie etwa in Nürnberg durch weltweiten Handel zu ihrem großen Wohlstand kamen. 

In dieser Stadt hatte sich der aus Berlin stammende Tobias Wolff niedergelassen und 1604 die Meisterprüfung bestanden. In den folgenden Jahren spezialisierte er sich zunehmend auf die Fertigung von Schiffspokalen. Beispiele seiner Arbeit finden sich heute im Metropolitan Museum of Art, der Eremitage St. Petersburg, dem Victoria & Albert Museum London und weiteren bedeutenden Sammlungen. Sein prachtvoller Schiffspokal aus dem Regensburger Silberfund kommt in Köln am 16. Mai aus deutschem Privatbesitz zur Auktion und wird mit dem Schätzpreis 100.000 bis 120.000 Euro aufgerufen.

Kontakt

Für Fragen und druckfähige Abbildungen stehe ich gern zur Verfügung. 

Mit herzlichen Grüßen

Jan Bykowski
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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