Überraschungen

Die erfolgreichen AuktionenAlte Kunst und Kunstgewerbe vom vergangenen Wochenende haben ein Ergebnis von knapp 7 Millionen Euro eingespielt. Die Resultate brachten so manche Überraschung. Aus dem Ausland ist nicht nur viel eingeliefert worden – ausländische Bieter traten auch sehr stark als Käufer in Erscheinung; besonders groß war das Engagement belgischer, französischer, englischer und russischer Bieter. Höhepunkte waren mit 390.000 ein Werk eines Flämischen Meisters und mit 322.000 ein Gemälde eines Niederrheinischen Meisters um 1490/1500.

Das 19. Jahrhundert glänzte mit 248.000 für ein Landschaftsgemälde von Jean Baptiste Camille Corot und 223.000 für eine Venedig-Ansicht Friedrich Nerlys. Erfreuliche Überraschungen mit erheblichen Steigerungen gab es auch bei den Zeichnungen und Skulpturen

Ein heftiges Bietgefecht entbrannte um einePassion Christi eines Niederrheinischen Meisters um 1490/1500. Die auf 70/80.000 geschätzte Holztafel weckte erhebliches Interesse, das sie bis auf 322.000 emportrieb (Lot 1004). Die größte Steigerung aber widerfuhr einer Ölstudie des Kopfes eines bärtigen Mannes. Das buchstäblich in letzter Minute eingelieferte Bild in schlechtem Zustand wurde von Lempertz vorsichtig einem flämischen Meister zugeschrieben. Zahlreiche Telefone, die offenbar auf eine andere Zuschreibung spekulierten, lieferten sich einen erbitterten Bietwettkampf, der die Holztafel von 5/6.000 bis auf 390.000 katapultierte (Lot 1058).

Unter den zahlreich angebotenen Stillleben ragte mit 112.000 ein Bild Floris van Schootens mit Pastete, Brot, Nüssen und Gefäßen hervor. „Banketje“ wurden solche Gemälde mit einer gedeckten Tafel in den Niederlanden genannt. Ihren Ursprung hatte dieser Bildtypus in Antwerpen; in Haarlem machten ihn Künstler wie Floris van Dijck, Pieter Claesz., Nikolaes Gillis und Floris van Schooten populär (Lot 1045, 100/120.000). Eine Gemeinschaftsarbeit von Daniel Seghersund Simon de Vos mit einer Blumengirlande um ein Medaillon wurde von einem belgischen Sammler bis auf 118.000 gehoben (Lot 1053, 70/90.000).

Gemälde des holländischen Stilllebenmalers Nicolaes Lachtropius tauchen nicht häufig auf dem Kunstmarkt auf. Meistens handelt es sich um sogenannte Unterholzbilder mit Waldboden in der Art von Marseus van Schriek. Das offerierte prachtvolle Blumenstück mit der natur-getreuen Wiedergabe der Blüten und mit kontrastreichen Farben dagegen gehört zu seinen eher seltenen klassischen Blumenstücken in der Art des Willem van Aelst. Die Leinwand ging für 99.000 in eine europäische Sammlung (Lot 1078, 90/110.000). Aelbert Cuyp war ein meisterhafter Maler von Pferden. Seine Reiterporträts und Jagdbilder zeigen, dass der Künstler viel Mühe darauf verwendete, den dargestellten Pferden individuelle Züge zu verleihen. Ein amerikanischer Sammler begeisterte sich und bewilligte 99.000 (Lot 1065, 80/120.000).

Mit 93.000 honorierte ein belgischer Bieter ein Gemälde Jan van Goyens. Der Künstler, einer der bedeutendsten holländischen Landschaftsmaler, hat häufig kleinere Gemälde im Rundformat gemalt. Das erste seiner überlieferten Rundbilder entstand 1621, das letzte 1641. Die vorliegende Flusslandschaft von 1633 stammte somit aus seiner mittleren, bereits gereiften Periode (Lot 1036, 80/100.000). Michele Tosini, gen. Michele di Ridolfo del Ghirlandaio, reüssierte mit Venus und Cupido, die bei 62.000 übernommen wurden (Lot 1011, 50/60.000). David Teniers d. J. kam mit einem fröhlichen Trinker auf 74.500 (Lot 1061, 60/70.000) und mit einer Allegorie des Herbstes auf 56.000 (Lot 1060, 45/50.000). Ein Früchtestillleben von Cornelis de Heem spielte 69.500 ein (Lot 1092 50/60.000). Von 30/40.000 bis auf 89.000 sprang ein DorffesHeemt von Joost Cornelisz. Droochsloot (Lot 1042). Abraham Hondius konnte mit einer italienischen Landschaft erst bei 67.000 in neue Hände wechseln (Lot 1066). Sehr erfolgreich war auch ein Früchtestillleben mit Papagei von Gabriello Salci, dessen Gemälde sehr selten auf dem Markt anzutreffen sind. Die Leinwand stieg von 10/14.000 bis 52.000 (Lot 1109).

Bei den Zeichnungen fuhr eine Rötelzeichnung eines Florentiner Meisters eines Jungen Manns mit Helm einen großen Erfolg ein. Dank heftiger Gebote stieg das noch vor nicht allzu langer Zeit bei einem großen Londoner Auktionshaus liegengebliebene Blatt von 800/900 bis auf 80.600 (Lot 1131).

SKULPTUREN

Traditioneller Schwerpunkt der Skulpturen waren Arbeiten der Gotik aus dem deutschsprachigen Raum und aus Flandern. Zwei Kleinplastiken verzeichneten starke Sprünge nach oben – auch hier gab es offenbar Spekulationen bei den Zuschreibungen. So wurde ein 10 cm großer norditalienischer Bronze-Dudelsackspieler aus dem 17. Jh. von 2,5/3.000 bis auf 79.000, die ein englischer Sammler gewährte, hochgetrieben (Lot 1237). Groß war auch der Erfolg für eine im 17. Jh. in Italien gearbeitete marmorne Büste des Bacchus: auf 6/9.000 geschätzt, sprang sie bis auf 87.000 (Lot 1257). 32.000 lautete das Ergebnis für eine wohl norddeutsche Madonna mit Kind als Lüsterweibchen aus der ersten Hälfte des 15. Jh. (Lot 1186, 25/30.000).

19. JAHRHUNDERT

Höhepunkt der Offerte wurde mit 248.000 ein Landschaftsgemälde von Jean Baptiste Camille Corot. Das Gemälde gehörte zu jenen späten Landschaftsbildern Corots, in denen sich die Wirklichkeit der realen Landschaft in eine Landschaftsvision zu verwandeln scheint. Stilistisch war das Bild in Zusammenhang mit den in Mortefontaine bei Senlis entstandenen Werke zu bringen, wo es möglicherweise gemalt wurde. Das Gemälde geht nun nach China (Lot 1539, 150/180.000).

Aus einer italienischen Sammlung stammte eine prachtvolle Ansicht des Canale Grande im Winter von Friedrich Nerly. Mit diesem vergleichsweise späten Gemälde zeigte Nerly einmal mehr seine große Begabung, mit der er das magische Bild Venedigs noch nach dem Sturz der einst machtvollen Serenissima und am Vorabend der Gründung Italiens eindrucksvoll auf die Leinwand bannen konnte. Hier konnte sich ein deutscher Sammler erst bei 223.000 durchsetzen (Lot 1536, 180/220.000).

Carl Spitzweg war mit einer romantischen Landschaft für 80/100.000 vertreten. Zweifellos gebührte dieser fast quadratischen und perfekt ausbalancierten Komposition, die durch ihre Fernsicht in der zentralen Bildachse besticht, unter den frühen Werken des Künstlers eine herausragende Stellung. Sie spielte 89.000 ein (Lot 1534, 80/100.000). Von Johan Christian Clausen Dahl kam eine Darstellung des Hirschparks ‚Dyrehaven‘ bei Kopenhagen, die bei 59.500 übernommen wurde (Lot 1535, 50/60.000). Eine Orientszene von Adolf Schreyer kam auf 37.000 (Lot 1544, 30/50.000) und eines der Hauptwerke von Carl Jutz d. Ä., das mit 147 x 189 cm auch zu den größten Bildern des Künstlers zählt, erreichte 68.000 (Lot 1551, 50/60.000). Alexander Koester war mit einer charakteristischen Darstellung von Enten in einem Teich vertreten, die 37.000 einspielten (Lot 1570, 35/40.000).