Fulminanter Rekord für Albert Birkle

Die Evening Sale-Offerte der Auktionen Moderne und Zeitgenössische Kunst war von einer Fülle sechsstelliger Ergebnisse und deutlichen Steigerungen nicht nur der bedeutenden Werke und einem sehr erfreulichen Gesamtergebnis von über 11 Mio. geprägt. Zusammen mit der Zeitgenössischen Kunst wurden allein vier internationale Rekordpreise erzielt. Sehr gelohnt haben sich die auf zwei Wochen verlängerte Vorbesichtigung wie auch die Preview bei Lempertz in Brüssel. Die Picasso-Zeichnung war die einzige Enttäuschung – hier gibt es allerdings lebhaftes Interesse und es wird bereits intensiv nach verhandelt. Gebote über das Internat waren zahlreich, wobei das telefonische Bieten nach wie vor den Löwenanteil stellte.

Mit € 824.000  wurde eine Leinwand Albert Birkles nach einer erheblichen Steigerung zum unangefochtenen Highlight der Auktion – und übertraf den bisherigen Rekordpreis bei weitem. Lyonel Feiningers „Stilleben“ aus dem Jahr 1911 reüssierte mit € 692.000. Eine Leinwand von Juan Gris kam mit € 425.000 deutlich über die Taxe. Ein Gemälde und eine Gouache von August Macke kamen auf € 400.000 bzw. € 119.000. Ein Ölbild von Paula Modersohn-Becker stieg bis auf € 337.000.

Eine Landschaft Raoul Dufys kam auf € 125.000, Gemälde Alexej von Jawlenskys bis auf € 112.000, während ein Gemälde Mela Muters € 100.000 erzielte. Bei den Plastiken glänzten Ernst Barlach mit € 112.000, Ewald Mataré mit € 107.000 und Fritz Klimsch mit € 112.000.

Ein minutenlanges, hartnäckiges Bietgefecht internationaler Interessenten hob Albert Birkles Leinwand „Der Bahnwärter“ aus dem Jahr 1927 bis auf den alle bisherigen Spitzenpreise bei weitem überragenden internationalen Rekordpreis von € 824.000 – die Schätzung lag bei € 80/100.000. Das sehr eindrucksvolle Gemälde des zu den Malern der Neuen Sachlichkeit zählenden Künstlers steckt voller Andeutungen und Geheimnisse (Lot 3).

Das aus langjährigem Privatbesitz eingelieferte Gemälde „Stilleben auf blauem Tisch“ gehört zu den bedeutenden frühen Stillleben von Lyonel Feininger. Verschiedene Aufenthalte in Paris brachten dem Maler die Werke der französischen Avantgarde näher. 1911, im Entstehungsjahr unseres Stilllebens, stellte Feininger mehrere Arbeiten in der Pariser Großveranstaltung der „Société des Indépendants“ aus. Durch die Begegnung mit dem Kubismus änderte sich auch Feiningers Naturauffassung; kubistische und prismatische Strukturen fanden Eingang in seine Malerei. Das bemerkenswerte Gemälde konnte erst bei € 692.000 übernommen werden (Lot 11, € 400/600.000).

In der kurzen intensiven Schaffenszeit, die ihm vergönnt war, konzentrierte sich Juan Gris motivisch hauptsächlich auf das Stillleben. Der Kubismus war dabei für ihn der einzige Weg, die von ihm und seinen Weggefährten angestrebte visuelle Essenz der gegenständlichen Welt bildlich umzusetzen. Das nun versteigerte Stillleben "Raisins, carafe et livre“ aus dem Jahr 1922 formuliert eine sehr charakteristische Visualisierung dieser Idee. Ein Schweizer Sammler setzte sich mit dem Einsatz von € 425.000 gegen die Konkurrenz durch (Lot 61, € 300/350.000).

August Macke war mit einer Leinwand und zwei Papierarbeiten vertreten. Das Jahr 1912, in dem das vorliegende Gemälde „Blumenkasten mit Kaktus“ entstanden ist, war für Macke von entscheidender Bedeutung, konnte er doch aus seiner Freundschaft mit Künstlern des Blauen Reiter Impulse für die eigene Arbeit erfahren. Ein deutscher Sammler musste € 400.000 investieren, um den Sieg davontragen zu können (Lot 46, € 220/250.000). Mackes Gouache „Orientalisches Liebespaar“ aus demselben Jahr ging für € 119.000 an ein deutsches Museum (Lot 48, € 80/100.000).

Bis auf € 337.000 wurde Paula Modersohn-Beckers Bild „Kinder zwischen Birkenstämmen aus dem Jahr 1904 von einem deutschen Sammler gesteigert. Das einst der Mutter der Künstlerin gehörende Gemälde fasst in der Anlage der Komposition, in den gewählten Farben und in den Vereinfachungen der Angaben beispielhaft die Elemente des sich ausbildenden persönlichen Stils der Malerin zusammen (Lot 22, € 180/220.000).

Unter dem Einfluss der Werke Paul Cézannes und durch das gemeinsame Arbeiten mit Georges Braque wandte sich Raoul Dufy um 1908 dem Kubismus zu. Die zuvor leuchtende Farbigkeit seiner fauvistischen Werke wich einem eher verhaltenen Kolorit. Formale, konstruktive Fragen standen nun im Vordergrund. Der hier offerierte „Le Jardin à Munich“ von 1909/1910 ging für € 125.000 in neue Hände über (Lot 63, € 100/130.000). Bei € 112.000 wurde Alexej von Jawlenskys „Variation 1916 N. 4“ aus dem Jahr 1916 von einem deutschen Sammler übernommen (Lot 53, € 90/120.000). Ein weiterer deutscher Käuferer erwarb für € 75.000 „Großes Stilleben: Blumen in bauchiger Vase“ von 1936 mit (Lot 55, € 40/50.000). Für € 100.000 wechselte Mela Muters großformatige Leinwand „Kellerkinder“ von 1916 in eine polnische Sammlung (Lot 92, € 80/100.000).

Ein besonderes Werk kam von Piet Mondrian. Seine Leinwand “Farm building near irrigation ditch with farmer at work and woman doing the laundry” war erst kürzlich entdeckt worden und unter der Nummer A43a in das Werkverzeichnis Piet Mondrian des RKD – Netherlands Institute for Art History aufgenommen. Ein New Yorker Sammler investierte € 72.000 in das um 1898 – 1902 entstandene naturalistisch-impressionistische Frühwerk – eine Epoche, in welcher Mondrians Werk von der intensiven Beobachtung der niederländischen Landschaft geprägt ist (Lot 18, € 60/80.000). Eine Papierarbeit Paul Klees aus dem Jahr 1918 kam auf € 82.000 (Lot 81, € 40/45.000), während das 1923 geschaffene Gemälde „Zirkusreiterin“ Gert Heinrich Wollheims noch deutlicher bis auf € 85.000 stieg: Internationaler Rekordpreis (Lot 17, € 25/30.000).

Bei den Skulpturen glänzten mit € 112.000 Ernst Barlachs 49,5 cm große Bronze „Der singende Mann“ von 1928 (Lot 93, € 80/100.000) wie auch die etwas kleinere Plastik „Der Asket (Der Beter)“ aus dem Jahr 1925 (Lot 91, € 35/40.000). Groß war das Interesse für Ewald Matarés „Tänzelndes Pferd (Chinesisches Pferd)“, das erst bei € 107.000 von einem deutschen Sammler übernommen werden konnte (Lot 24, € 35/45.000). Ein weiterer deutscher Käufer konnte erst mit dem Einsatz von 112.000 Fritz Klimschs 1941/42 entstandene Bronzeplastik „Jugend“ in seine Sammlung überführen (Lot 96, bis € 60/80.000).