Überragender Erfolg: White Glove Sale

Netsuke aus der Sammlung Albert Brockhaus

Die insgesamt 200 und allesamt marktfrischen Stücke aus dem Nachlass des bedeutenden Leipziger Enzyklopädie-Verlegers spiegelten nicht nur die Leidenschaft von Albert Brockhaus (1855–1921) für das Sammeln wider, sondern auch dessen Anspruch an enzyklopädischer Vollständigkeit, die das Bedürfnis des Sammlers zeigten, das gesamte Spektrum an göttlichen und menschlichen Gestalten, Tieren, Pflanzen und Gegenständen zu dokumentieren. Die mit großem Motiv- und Materialreichtum zusammengetragenen Stücke bildeten den Kern der Netsuke-Offerte.

Die Auktion war ein perfekter White Glove Sale: Nicht nur ist die gesamte Offerte zu Spitzenpreisen abgesetzt worden, sondern meist zu einem Vielfachen der Taxen. Die Schätzpreise wurden insgesamt um das 4,7-fache übertroffen. Aus aktuellem Grund ist die Auktion Chinesische Kunst in den Herbst verschoben worden.

Zum unangefochtenen Höhepunkt der Sammlung Albert Brockhaus wurde ein in Kyoto in der Mitte des 18. Jahrhunderts gearbeitetes Pferd. Das kräftig modellierte, von Mitsuharu signierte und 6,5 cm große Netsuke mit sehr feinen Details war mit € 18/25.000 bewertet. Ein hartnäckiges und langdauerndes Bietgefecht trieb das Objekt der Begierde bis auf den Spitzenpreis von € 100.000, die ein deutscher Sammler einsetzen musste (Lot 536). Ein weiterer Bietwettkampf internationaler Sammler bescherte auch dem aus dem 19. Jh. stammenden Netsuke eines von Toyomasa signierten springenden Hasen aus Buchsbaum einen fulminanten Anstieg von € 8/12.000 bis auf das siegreiche Gebot eines kanadischen Sammlers von € 78.000 (Lot 532). Ein von Masakazu signierter Windhund des 18. Jh. aus Buchsbaum sprang von € 4/4.800 bis auf 35.000 (Lot 509). Ein weiterer deutscher Sammler trieb auch ein im 18. Jh. gearbeitetes Netsuke von zwei über Wellen springenden Hasen aus maritimem Elfenbein von geschätzten € 900/1.200 bis auf 32.500 (Lot 533).

Indien und Südostasien

An der Spitze der Offerte stand eine sehr große Figur eines bekrönten und geschmückten Buddhas aus Pagan, Birma. Das wohl im 12./13. Jh. in Teakholz gearbeitete, 189,9 cm große Bildnis des gekrönten und geschmückten Buddhas hat im Lauf der Zeit unterschiedliche Interpretationen erfahren. Ein französischer Sammler übernahm die Figur bei € 40.000 (Lot 29, € 30/50.000).

Japan

Zum Highlight der japanischen Kunst wurde mit € 94.000, die ein Sammler bewilligte, Morita Shiryûs (1912 – 1998) 80 x 160 cm messendes Schriftzeichen "ju" (Baum, Holz) aus dem Jahr 1989. Um 1960 hat Morita seinen Stil gefunden: Temperamentvoll gemalte Zeichen, in breiten Bahnen und zu Spritzern explodierend. Bewegung wird zur Gestalt. Der Gehalt und die tiefe Bedeutung eines Schriftzeichens waren für ihn der Ausgangspunkt (Lot 173, € 70/90.000).

Aus der wie stets umfangreichen Holzschnittofferte ragte mit € 22.500 Katsushika Hokusais (1760–1849) Ôban, yokoe mit dem Titel Sanka haku-u (Gewitter am Fuße des Fuji) aus der Serie Fugaku sanjûrokkei heraus (Lot 212, € 18/25.000).

Ein weiteres bemerkenswertes Lot waren zwei in Holz gearbeitete, 115,6 cm große Niô mit Resten alter Fassung aus dem 18./19. Jh. (Edo-Periode). Die fast immer überlebensgroß dargestellten Zwei Könige (Niô), auch Kongô Rikishi genannt, halten mit furchterregenden und abwehrenden Gebärden zu beiden Seiten eines buddhistischen Tempeleingangs Wache. Nun gingen sie für € 19.000 in die Hände eines deutschen Sammlers (Lot 37, € 15/20.000). 16.000 Euro lautete das Ergebnis für eine in Holz gearbeitete, 70 cm große und farbig gefasste große Figur eines oni als Träger für ein wakizashi aus der Meiji-Zeit (Lot 132, 4/6.000). Das reguläre Netsuke-Angebot wurde von einer feinen, 3,5 cm großen Elfenbeinarbeit eines Shishi mit Ball aus dem 19. Jh. überragt, die für € 14.000 an einen deutschen Sammler ging (Lot 318, € 11.000).