Ewald Mataré - Finnisches Rind - image-1

Lot 260 D

Ewald Mataré - Finnisches Rind

Auction 896 - overview Köln
29.11.2006, 00:00 - Moderne und Zeitgenöss.Kunst
Estimate: 40.000 € - 50.000 €
Result: 49.980 € (incl. premium)

Ewald Mataré

Finnisches Rind
1929

Bronzeplastik Höhe 19,4 cm, auf eine 3 mm starke Bronzeplinthe 24,3 x 19,3 cm montiert. In der Mitte der Standplatte signiert MATARÈ (ligiert). Eines von wenigstens 15 Exemplaren; bei S. M. Schi - - Mit dunkler Patina.

Das "Finnische Rind" entsteht im Sommer 1929 während Ewald Matarés Aufenthalt in Toila, Estland, als Holzskulptur. In seinem Tagebuch schildert Mataré den Kampf mit der Kuh - mit dieser im besonderen, mit dem Tier im allgemeinen seit Jahren. Seine Gedanken kreisen um das grundsätzliche Problem, inwieweit man sich der Realität bei der Naturschilderung unterwerfen soll oder andersherum: wie man die Natur seiner künstlerischen Idee einverleiben kann. So heißt es in seinen Notizen zuerst:
"Wenn ich bei meinen Holzschnitten in Lettland vom umgekehrten Prinzip ausging, die Natur in ein theoretisches Raumgesetz zu passen, so lasse ich jetzt die Natur sprechen und suche die sie bestimmenden Linien herauszuschälen. [...] immer verlasse ich mich zu sehr auf die Farbe, und dabei ist doch Zeichnung alles, überhaupt ist Zeichnung alles. Erst wenn ich Plastik-Malerei und das Zeichnen aus demselben Winkel heraus sehe, dann kann meine Arbeit eine gewisse Geschlossenheit bekommen." (8.6.1929, 13.6.1929)
Anfang Juli findet Mataré das richtige Holz, das in seiner Maserung - wie er später bemängeln soll - sehr dem Fell einer Kuh ähnelt und ihn daher schon in diesem frühen Stadium an den farb- und musterneutraleren Bronzeguß denken läßt, und beginnt mit den Formüberlegungen aus den verschiedenen Ansichten des dreidimensionalen Werkes: "Dieses Mal soll sie auf vier Beinen stehen, und ich will besonderes Gewicht auf die plastische Gestaltung von vorn legen. Aber ich werde ohne Überschneidung nicht auskommen." (2.7.1929)
So ist die Plastik in der Vorderansicht aus den primären Formen Kugel und Quader, bzw. Kreis, Halbkreis und Quadrat aufgebaut. Dahingegen erweist sich die Seitenansicht in überraschender Variation: Der Körperschwerpunkt der Erde zugewandt, mit luftiger Leichtigkeit der knöcherne Steiß in die Höhe ragend, liegt der Tierfigur hier die ovale Form zugrunde.
"Die Eiform bei der Kuh wie bei fast allen Tieren und dem das andere dazu einordnen, das ist's. Fern von aller Romantik. [...] Letzten Endes setzt sich so ein Tier aus zwei Schwingungen zusammen, die man aus einer Vorder- oder Hinteransicht und in einer Seitenansicht zusammensetzen kann, aber diese finden...Aber wenn mir nur einstweilen gelingt, den Körper in diese eine Form zu bringen, bin ich heilfroh, an den Kopf und die Beine gar nicht zu denken." (18.7.1929)
Zehn Tage darauf, nachdem nun auch schon einmal das Holz der Hörner abgebrochen ist, und Mataré die Lust verlassen hat, schreibt er:
"Wenn ich nur nicht um mein Problem 'Kuh' wie um den heißen Brei herumgehen wollte, sondern einmal ordentlich zupacken. Immer bin ich noch der falschen Meinung, daß die in der Natur gewonnene Beobachtung sich mit der vorhandenen Vorstellungsform verschmelzen könne. Nein, in Wirklichkeit kann die Form nur aus der Natur gewonnen sich unbewußt zu einer eigenen Geschlossenheit entwickeln." (28.7.1929)
Daß Mataré sein Problem letztendlich doch löste, zeigt das vorliegende Ergebnis: die aus der Naturansicht gewonnene Essenz aller Formen, mithin das Zeichen einer Kuh.

Catalogue Raisonné

Scfhilling 55 a

Provenance

Vom Vorbesitzer direkt beim Künstler erworben

Literature

Erwerbungsberichte der Hamburger Kunsthalle, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, 1959, Bd. 4, S. 200 mit Abb.; Bestandskatalog Moderne Kunst, Leopold Hoesch-Museum der Stadt Düren, 1965, Nr. 294, Abb. 81

Exhibitions

München 1966 (Galerie Günther Franke), Ewald Mataré zum Gedächtnis, Kat. Nr. 5; Aachen 1973 (Suermondt-Museum), Kat. Nr. 9; Kaiserslautern/Heilbronn 1981 (Pfalzgalerie Kaiserslautern/ Städtische Museen Heilbronn), Ewald Mataré, Kat. Nr. 17; Münster 1985, Animalia '85, Kat. Nr. 76; Kleve/Düsseldorf 1985/1986 (Städt. Museum Haus Koekkoek/Stadtmuseum Düsseldorf), Ewald Mataré, Der "Tote Krieger" in Kleve, Kat. Nr. 5 mit Abb. 59