Auguste Rodin - Femme nue, debout - image-1

Lot 420 Dα

Auguste Rodin - Femme nue, debout

Auction 822 - overview Köln
04.06.2002, 10:30 - Moderne Kunst 4. Juni 2002
Estimate: 15.000 € - 20.000 €
Result: 18.880 € (incl. premium)

Aquarell und Deckfarbe über Bleistift auf elfenbeinfarbenem Velin 49,1 x 31,1 cm. Unten rechts signiert Aug. Rodin. - Insgesamt materialbedingt etwas wellig und leicht gebräunt. - Mit geringfügigen Randmängeln.

Das hochformatige Aquarell zeigt einen frontal gesehenen weiblichen Akt in einer leichten, doch bestimmten Schrittbewegung von links nach rechts. Das linke Knie ist gebeugt, der linke Arm weit nach vorne gestreckt, vom Blattrand überschnitten, während die rechte Körperhälfte gestreckt ist, der Fuß ist auf die Spitze gehoben, der rechte Arm gerade nach hinten geführt mit der Andeutung eines Tuches. Die Lavierung des Körpers in einem rötlichen Ton, der die dunklere Farbe des Haares aufnimmt, wird ergänzt um ein helleres Grün im Fond und ein dünnflüssiges Deckweiß, das die Figur wie eine Aureole umfängt und sie plastisch hervortreten läßt.
Camille Mauclaire veröffentlichte 1907 Äußerungen des Bildhauers zu seiner Kunst, die, so allgemein sie formuliert sind, jedes seiner Werke, auch den Kontext seiner Zeichnungen, auf ideale Weise beschreiben. Der Künstler formulierte: "Was ist der leitende Gedanke meiner Arbeiten und was liebt man an ihnen? Es ist der Angelpunkt der Kunst selbst: das Gleichgewicht, das heißt das Gegenspiel der Körpermasse, das die Bewegung hervorruft. [...] Komme einer und rühme mir meine Symbolik, meine Kraft des Ausdrucks: ich weiß, das einzig Wichtige sind die Flächen. Respektiert die Flächen, gebt sie von allen Seiten richtig wieder, die Bewegung kommt, verschiebt die Massen und schafft ein neues Gleichgewicht. Der menschliche Körper ist wie ein schreitender Tempel; so wie der Tempel hat er einen Mittelpunkt, um den herum sich die Körpervolumen verteilen und ordnen. Hat man das begriffen, so weiß man alles. [...] Man sagt, daß meine Skulptur die eines Exaltierten ist. Ich leugne nicht, daß viel Gewaltsames in ihr enthalten ist, aber diese Überspannung kommt nicht aus mir, sie ist vielmehr in der Natur selbst, wenn diese in Bewegung ist. Das Werk Gottes ist seiner Natur nach übertrieben, ich bin nichts als wahr. [...] In dem, was uns umgibt, ist alles enthalten. Alles ist in der Natur gegeben, es ist eine ewige, ununterbrochene Bewegung in ihr. Ein weiblicher Körper, ein Berg, ein Pferd sind in der Konzeption ein und dasselbe und nach den gleichen Prinzipien aufgebaut." (Zitat in: Auguste Rodin, Zeichnungen und Aquarelle, Hg. Ernst-Gerhard Güse, Stuttgart 1984, S. 11)

Certificate

Bestätigt von Claudie Judrin, Musée Rodin, Paris

Provenance

ehemalige Süddeutsche Privatsammlung (vor 1952)