Öl auf Karton mit Leinwandprägung 36,2 x 27,1 cm, auf bräunlichen Karton 47,1 x 37,3 cm aufgezogen, unter Glas gerahmt. Unten links in Schwarzgrau monogrammiert Ai, zusätzlich auf dem Karton mit schwarzer Tuschfeder unten rechts signiert und zugeeignet Dem lieben Herrn Kirchhoff zur Erinnerung an/Ostern 1923 A. Jawlensky sowie rechts bezeichnet Wiesbaden. - Auf einem Papieraufkleber des Rahmungskartons mit Tinte betitelt und eigenhändig beschriftet Sammlung Kirchhoff (unterstrichen)/Variation: "Reife und Jugend"/A. Jawlensky. - Der Karton leicht gebräunt mit sehr vereinzelten Stockflecken.
M. Jawlensky /L. Pieroni-Jawlensky/A. Jawlensky 1106 mit Farbabb. S. 318
"Die Idee Variationen zu malen, entwickelte Jawlensky in St. Prex. Sie sind ohne Vorbilder in der Kunstgeschichte. Er schuf diese Serien, entdeckte diese Form und Arbeitsweise, um im Zerfall der Moderne eigene Ordnungen zu setzen, Beständiges anzunehmen als Gerüst und sich daran formal zu halten.Die Bilder sind Notationen, Positionseintragungen von einem Standort aus, an dem der Ausblick immer derselbe bleibt, nur die Tage vorbeiziehen. Von Bild zu Bild geht es um die Ausbreitung eines Themas, nicht um Steigerung, sondern um Wandlung. [...]
Die stets vertikale Form seiner Variationen erinnert den Betrachter daran, daß sie den Blick aus dem Fenster wiedergeben. Aber das ist schon fast der einzige Hinweis auf den Ursprung des Motives. Anders als bei Bildern von Matisse, wird der Ausblick aus dem Fenster bei Jawlensky nicht zum Teil des Innenraumes. Die Landschaft steht als Bild für sich. Und außer einer oft kaum wahrnehmbaren Abgrenzung, einem sehr schmalen, mit dem Pinsel gezogenen Strich, der die Arbeiten umfaßt, deutet nichts auf einen Rahmen hin. [...] Wie bei alten Mosaiken, die Jawlensky so schätzte, entstehen die Bilder aus nebeneinander gesetzten Formen, die auch durch die vielfältigen Schattierungen des Farbauftrages die Oberfläche betonen oder ihr Tiefe geben. Die Bildfläche wird ausgemalt, nur ihre Struktur schimmert durch, wo Jawlensky mit wenig Farbe über sie hinging. Oft mußte er sparsam mit Farbe sein. Doch bemerkt man an seiner Arbeit den Mangel nicht. Die Bilder sind voller Lebendigkeit, leicht und souverän. Die Lebendigkeit kommt aus der Wahrhaftigkeit, mit der er sich der eigenen Situation stellte, und die Leichtigkeit gehört zu der Meisterschaft, die er sich schon erarbeitet hatte. Auffallend ist, daß die Farben der Variationen atmosphärischer, lichter sind als die seiner expressionistischen Bilder. Sie reflektieren hier den Himmel mit." (Ingrid Bachér, Der Wendepunkt: die Variationen über ein landschaftliches Thema, in: Tayfun Belgin (Hg.), Alexej von Jawlensky, Reisen, Freunde, Wandlungen, Ausst. Kat. Museum am Ostwall, Dortmund 1998, S. 60/61)
Catalogue Raisonné
1106 M. Jawlensky /L. Pieroni-Jawlensky/A. Jawlens
Provenance
Sammlung Kirchhoff, Wiesbaden; Privatbesitz, erworben durch Vermittlung von Hans Lüdorff, Wiesbaden (1941); seitdem in Familienbesitz
Literature
Clemens Weiler, Alexej Jawlensky. Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, S. 159, Inventarliste der Sammlung Kirchhoff (1939), Nr. 27
Exhibitions
Wiesbaden/Barmen/Mannheim 1920/1921 (Neues Museum/Ruhmeshalle/Kunsthalle Mannheim), Nr. 76; Düsseldorf/Hamburg 1957 (Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen/Kunstverein Hamburg), Nr. 68; Stuttgart/Mannheim 1958 (Württembergischer Kunstverein/Städtische Kunsthalle Mannheim), Nr. 73