Jean-Bloé Niestlé - Grasmücke in einer Brombeerhecke - image-1

Lot 871 D

Jean-Bloé Niestlé - Grasmücke in einer Brombeerhecke

Auction 891 - overview Köln
02.06.2006, 00:00 - Moderne Kunst
Estimate: 30.000 € - 35.000 €
Result: 44.030 € (incl. premium)

Jean-Bloé Niestlé

Grasmücke in einer Brombeerhecke
1910

Öl auf Leinwand 79,5 x 105,2 cm, Unten links braun signiert und datiert J. B. Niestlé. 10.

Jean Bloé-Niestlé gehört zu den wenigen reinen Tiermalern in der modernen Kunst. Mit den Malern des Blauen Reiter befreundet, insbesondere mit Franz Marc, hatte er an den wichtigen Ausstellungen der Gruppe in der Galerie Thannhauser und bei Herwarth Walden teilgenommen. Marc porträtierte ihn in einer wunderbaren Kohlezeichnung, die die Affinitäten des Freundes zur Natur und insbesondere zu den Vögeln, die er besonders liebte, treffend charakterisierte (s. Abb.). Auch von Emil Nolde gibt es zu Niestlé eine Radierung von 1918 mit dem Titel "Der Tierfreund" (Schiefler/Mosel 203). Doch Niestlés Kunst war anders geartet als die seiner expressionistischen Freunde.
"Ich will nicht ein ungefähres Tier wiedergeben; nein, das Tier, und nicht nur die Gattung, sondern das Individuum als Portrait. Was mich reizt ist der wundervolle Ausdruck im Auge, die verschiedenen Stellungen, die die Psyche ausdrücken." (Brief an Franz Marc vom 26.1.1911, zitiert nach: Cornelia Providoli, Jean-Bloé Niestlé, Hauterive/Schweiz 1997, S. 50/51). Zur Erreichung dieses Zieles in seiner Malerei gehörte eine sorgfältige Gestaltung der Vorder- und Hintergründe, die die Einheit von Tier und Natur betonten, wie er sie durch den schwedischen Tiermaler Bruno Liljefors (1860 - 1939) kennenlernte, mit dem er schon früh in Kontakt getreten war.
Franz Marc, der das Wesentliche der ausgedrückten Naturempfindung bei Niestlé offenbar sehr wohl verstand und dennoch in seiner Kunst zu völlig anderen Ausdrucksformen gelangt war, bewunderte den Freund. Er bezeichnete ihn als einen "... Tierzeichner von einer so genialen Melancholie, daß es einen krank macht, wenn man seine Sachen sieht. Er erinnert technisch an die Japaner, nur noch ergreifender, noch innerlicher, und, was das Wunderbare ist, noch genauer! Von einer zeichnerischen Vertiefung, die ans Unglaubliche streift ..." (Brief vom 20.10.1905 an Marie Schnür, in: A. J. Schardt, Franz Marc, Berlin 1936, S. 33).