Willi Baumeister - Mit zwei Lineamenten - image-1

Lot 15 D

Willi Baumeister - Mit zwei Lineamenten

Auction 896 - overview Köln
29.11.2006, 00:00 - Moderne und Zeitgenöss.Kunst
Estimate: 60.000 € - 80.000 €
Result: 71.400 € (incl. premium)

Willi Baumeister

Mit zwei Lineamenten
1938

Öl auf Leinwand, doubliert 43 x 33,5 cm signiert

"Die Lust, eine Form oder Formen entstehen zu lassen, bildet den unerklärlichen Grund zur Kunst." (Willi Baumeister)
Nach seinen früheren schon pictogrammartigen Abstraktionen der menschlichen Figur beispielsweise in den "Sportbildern", sieht Baumeister später die eigentliche Kunst nicht in der Abbildung und Nachahmung der Wirklichkeit, sondern in der "Formkunst", in der Schaffung des Eigenen. "Die Natur und die Formkunst bilden nicht nach, sondern bilden," formuliert Willi Baumeister 1947 in dem Kapitel "Nachbild und Formtrieb als Entfaltungsprozeß" in seiner Schrift "Das Unbekannte in der Kunst" (Köln 1947, S. 98), d.h. der Künstler als Teil der Natur schafft aus sich heraus und bildet nicht illusionistisch das Bestehende ab.
1937 erhält Willi Baumeister zusammen mit anderen Künstlern wie Oskar Schlemmer und Georg Muche eine Anstellung in der Wuppertaler Farben- und Lackfabrik Herberts. Kurt Herberts gibt eine Untersuchung von antiken und modernen Malverfahren in Auftrag, die Baumeister wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Unabhängigkeit sichern hilft - im selben Jahr werden 51 seiner Gemälde von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und z.T. in der Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. Bereits in den Jahren zuvor interessiert sich Baumeister für prähistorische Funde und Kunstformen europäischer und außereuropäischer Kulturkreise. 1934 nimmt er beispielsweise an Seminaren und Exkursionen zur Vor- und Frühgeschichte teil und erwirbt u.a. aus den Beständen des Stuttgarter Naturalienkabinetts auch Faustkeile (vgl. zu diesem Teil der Sammlung des Künstlers: Willi Baumeister, Figuren und Zeichen, Ausst. Kat. Hamburg (Bucerius Kunstforum)/Münster (Westfäl. Landesmuseum)/Wuppertal (Von der Heydt-Museum) 2005/2006, S. 174-205).
Das bislang unbekannt gebliebene Gemälde "Mit drei Lineamenten" ist im Vorfeld der Werkserie der "Eidos" Bilder zu sehen und steht in einer kleinen Reihe von sehr ähnlichen Kompositionen mit "Lineamenten" (vgl. Beye/F. Baumeister 814-816). Grundelemente der Kompositionen sind die faustkeilartige Mittelform, die dem Gebilde Halt gibt und doch zu schweben scheint, um die herum und durch sie hindurch wolken- oder amöbenartige Gebilde vorbeiwabern wie in einer plasmazähen Flüssigkeit. Der farbenfrohe Gegenpol zu dem in diffizilem Farbkontrast von Mauve-Violett und Rot stehenden größeren Formen bildet das heiter anmutende blaugrüne Fadenknäuel vor gelbem Punkt. Assoziationen an mikroskopische Präparate und jungsteinzeitlichen Artefakte stellen sich angesichts der Biographie Baumeisters nicht von ungefähr ein.

Catalogue Raisonné

Nicht bei Beye/F. Baumeister, neue Nr. 115 a

Certificate

Von Felicitas Baumeister nach Vorlage des Originals mündlich bestätigt
Die Arbeit wird in den Nachtrag des Werkverzeichnisses der Gemälde von Beye/F. Baumeister aufgenommen, vermutlich mit der Kat. Nr. 115 a

Provenance

Kornfeld und Klipstein 1966, Auktion 121, Los 40 mit Abb. Tafel 38; Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath (1967); seitdem in Privatbesitz

Exhibitions

Frankfurt 1967 (Hanna Bekker vom Rath), 20 Jahre Frankfurter Kunstkabinett, Kat. Nr. 6 mit Abb.