Curt Herrmann - Roter Mohn - image-1

Lot 154 D

Curt Herrmann - Roter Mohn

Auction 896 - overview Köln
29.11.2006, 00:00 - Moderne und Zeitgenöss.Kunst
Estimate: 35.000 € - 40.000 €
Result: 42.840 € (incl. premium)

Curt Herrmann

Roter Mohn
Um 1908 - 1910

Öl auf Leinwand 85,7 x 66,7 cm Unten links mit grüner Ölfarbe monogrammiert C.H. (ligiert) sowie rückseitig auf dem Keilrahmen auf einem Papieraufkleber handschriftlich bezeichnet 4.Roter Mohn - 1200

Zu den wenigen deutschen Künstlern, die stilistisch den französischen Pointillismus in ihrem Werk dauerhaft rezipierten, gehörte neben Paul Baum vor allem Curt Herrmann. Nicht nur waren das vermögende Ehepaar Curt und Sophie Herrmann wichtige Sammler französischer Kunst, sondern, dem Kreis um Henry van de Velde und Harry Graf Kessler in Berlin und Weimar engstens verbunden, ging es Herrmann als überzeugtem Maler darum, die jüngsten Entwicklungen in der Kunst bekanntzumachen, zu fördern und durchzusetzen. Herrmann vermittelte in Ausstellungsangelegenheiten und pflegte persönliche Verbindungen nicht nur zu Van Rysselberghe, Maurice Denis, Bonnard, sondern auch zu Cross, Luce und vor allem zu Paul Signac, mit dem er selbst im April 1902 im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld unter dem Titel "Farbenschau" ausstellte (vgl. Hendrik Ziegler, Emil Heilbut, ein Früher Apologet Claude Monets in: Die Moderne und ihre Sammler, Berlin 2001, S. 55/56).
"Farbenschau", "Farbenstimmung" oder "vibrierender Farbenschimmer" - das waren die Stichworte, mit denen man die optische und atmosphärische Wirkung divisionistischer Malerei damals beschrieb. Die neue Malerei schien offensichtlich weniger vom Gegenstand als von der Farbe, der neuartigen Steigerung ihrer Effekte durch ihre Zerlegung und Kombination und durch neu beschriebene optisch-physikalische Phänomene bestimmt (vgl. Richard Hamann, Die Ästhetik des Neo-Impressionismus, Vorwort zum Ausst. Kat. Curt Herrmann, Verein für Kunst und Kunstgewerbe, Berlin 1913). Wie im vorliegenden Gemälde löst sich das Motiv unter der Vielzahl kurzer und längerer, nebeneinandergesetzter und farblich kontrastierender Pinselstriche auf. In der Nahsicht verschwimmen Konturen und Objekte zu bewegten, wirbelnden Farbflocken; erst aus der Distanz gewinnt die Malerei eine überraschende räumliche Dimension, die aber wiederum nur aus dem Einsatz und der Kombination bestimmter Farben und Farbtöne resultiert.
"Hermanns eigenen Aussagen zufolge erfüllte der Zusammenklang der prismatisch zerlegten Farben dieselbe Aufgabe wie die Töne und Akkorde in der Musik, die ja auch einzeln erklingen und erst im Ohr zu Harmonien verschmelzen." (Dagmar Sommer, Harmonie und Leuchtkraft der Farbe - Der Pointillismus im Werk von Curt Herrmann, in: Ausst. Kat. Curt Herrmann, Schweinfurt/Marburg 2001, S. 22).
Das hier qualitativ bemerkenswerte, großformatige Blumenstück von Curt Herrmann vermittelt nicht nur diese wunderbar bewegten, "musikalischen" Effekte der Farbe, sondern läßt den Betrachter auch die zu Grunde liegenden Theorien eher vergessen: Wie Hamann beschrieb, stellt sich in der Ausstattung mit solchen Bildern eine unvergessliche heitere und offene Raumwirkung ein, nicht zuletzt durch ihre teppichhaften, dekorativen Eigenschaften. Der Betrachter erlebt und erfährt ein seltsames Paradoxon:
"Farbe [ist] am allerstärksten geeignet, unser Lebensgefühl zu beeinflussen, ohne dass wir uns mit ihr beschäftigen." (Richard Hamann, op. cit.).

Certificate

Wir danken Andreas Bühler, Stuttgart, für freundliche, die Entstehungszeit bestätigende Hinweise.

Provenance

ehemals Ferdinand Möller, Berlin/Köln; dort (nach Angaben der Erben) erworben, seitdem in rheinischer Privatsammlung