Anselm Feuerbach - BRUSTBILD EINER RÖMERIN. - image-1

Lot 1404 Dα

Anselm Feuerbach - BRUSTBILD EINER RÖMERIN.

Auction 920 - overview Köln
17.05.2008, 00:00 - Alte Kunst
Estimate: 40.000 € - 50.000 €
Result: 54.000 € (incl. premium)

Anselm Feuerbach

BRUSTBILD EINER RÖMERIN.
1

Jürgen Ecker hat dieses Brustbild einer Römerin von der Hand Anselm Feuerbachs als ein "hervorragende(s) Zeugnis seiner Porträtkunst" bezeichnet (J. Ecker, op. cit., S. 204), und dies zu Recht: Es ist mit einem weichen, fließenden Pinselstrich gemalt, das helle, warme Inkarnat, der dunkelrote Samtvorgang, die kühl glänzende Oberfläche der Marmorsäule sind von delikater malerischer Qualität. Die Römerin ist in einer andächtigen Haltung, vielleicht in einer Kirche, wie Ecker vermutet, dargestellt. Das Gesicht ist im Profil wiedergegeben, dabei unmerklich zum Betrachter geneigt, so dass Stirn, Nase, Mund und Kinn einen sanften Umriss bilden.
Nach Ecker handelt es sich um jenes Mädchen, das Anselm Feuerbach in seiner großen Komposition "Dante und die edlen Frauen von Ravenna" von 1858 (Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe) als Modell verwendete. Das Gemälde entstand in Rom für den Musiker Ludwig Landsberg und stellte, wie der Titel andeutet, Dante im Kreise junger Frauen im Garten wandelnd dar (vgl. zum Gemälde: J. Ecker, op. cit., S. 189f). Als Modell für drei der jungen Frauen diente Feuerbach die Tochter eines italienischen Hausnachbarn. In seinen Erinnerungen schreibt Julius Allgeyer, wie Feuerbach das Modell fand: "Nach der Heimkehr galt nunmehr jeder Gedanke der Vollendung des Dantebildes; aber dazu mußten erst die geeigneten Modelle gefunden werden. Die allgemeinen und für jeden käuflichen Berufsmodelle, wie sie zu jener Zeit die spanische Treppe in Rom belagerten, wiederstrebten Feuerbach seinem Künstlersinn... Was er verlangte, war schlichte Natur, die noch nicht ihre Einfalt eingebüßt, sondern ohne falsches Pathos und angelernte Geste, mit naivem Sinne den Absichten des Künstlers mit dem Instinkt des unverdorbenen Gefühls entgegenzukommen verstand... Er hatte nicht nötig weit zu gehen, das eigene Haus beherbergte das Gesuchte in der ältesten Tochter einer im Erdgeschoss wohnenden Famile...Sie war noch nicht zwanzig Jahre und eine Schönheit von jenen strengen, reinen und doch so überaus weichgeformten Zügen, wie sie eben nur der Süden hervorzubringen pflegt, dabei von der Haltung und Würde einer Königin." (zitiert nach: J. Ecker, op. cit., S. 190).
Das Frauenideal, das unser Brustbild der Römerin mit den "weichgeformten Zügen" repräsentiert, sollte nur ein Jahr später 1860 von einem strengeren, erhabeneren Ideal abgelöst werden. In diesem Jahr lernte Anselm Feuerbach - wie hinlänglich bekannt - Anna Risi, die Frau eines römischen Schusters aus dem Trastevere kennen, die ihm als Modell in Werken wie "Nanna" und "Iphigenie" dienen und seine Geliebte werden sollte.

Provenance

Privatsammlung, Rom; Kunsthandlung Fritz Gurlitt, Berlin; Geh. Kommerzienrat von Bleichert, Leipzig; westdeutsche Privatsammlung.

Literature

Jürgen Ecker: Anselm Feuerbach. Leben und Werk, München, S. 203, Nr. 330; Hermann Uhde-Bernays: Feuerbach. Beschreibender Katalog seiner sämtlichen Gemälde, München 1929, S.73, Nr. 189, Abb. 176.