Horst Antes - Votiv (votive) - image-1

Lot 304 D

Horst Antes - Votiv (votive)

Auction 971 - overview Cologne
03.12.2010, 00:00 - Contemporary Art
Estimate: 20.000 € - 25.000 €
Result: 19.200 € (incl. premium)

Horst Antes

Votiv (votive)
1983

mehrteilige Skuptur aus Feingoldblech in Plexiglasbox. 47 x 33,8 x 57 cm.

Im begleitenden Buch zur 25 Votive - Ausstellung schreibt Horst Antes:
"1847 erschien das Buch von Oliver Byrne über die ersten sechs Bücher des Euklid. Byrne ersetzte darin Wort und Zahl durch Farben. Oliver Byrne war Geometer auf den Falkland-Inseln. Im April 1982 begann der Falkland-Krieg. Von diesem Zeitpunkt an habe ich keine Figur mehr gemalt. Anstatt die Figur, d.h. den Menschen von innen nach außen malend zu erfahren, schnitt ich an seiner Stelle Schablonen, legte diese auf die Malfläche und malte das Drumherum: ich sparte den Menschen aus. Es blieb nur sein Umriß wie ein weißer Explosionsschatten. Alle Versuche, wieder in die Figur hineinzukommen, sich ihr zu nähern, [...] sind mir bis heute misslungen. Aus dieser Ohnmacht, diesem Unvermögen heraus, der Figur, dem Menschen wieder eine Innenzeichnung zu geben, fand ich das Gold. Es ist nicht das Gold der Pokale und Kronen. Es ist nicht das Barrengold der Safes. Ich fand es im Totengold, in den dünnen Blechmasken, den Grabbeigaben, die so dünn sind, dass Lebende kaum damit umgehen können. Anstelle des Negativs, der Schablone nahm ich das Ausgeschnittene, das Gold. Das hatte schon Zeichnung genug im Material, die ich wie selbstverständlich ergänzen konnte. Ich nannte diese Dinge Votive, um eine Runde weiter zukommen. Votive sind Krücken, wie Kunstwerke Krücken sind, die in die Luft geworfen - wenn sie je zurückkommen - etwas anderes geworden sind, als der Werfer einmal in Händen hatte."
(Horst Antes, Horst Antes, 25 Votive, in: Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Ausst.Kat., Frankfurt/M. 1983, o.S.)
Und Klaus Gallwitz erläutert zu den verwendeten Materialien: "Die Oberfläche des Feingolds ist empfindlich, und die warme Hand hinterlässt bei der Arbeit notgedrungen Schweißspuren, die Antes zum Schluß durch Entfetten und Polieren beseitigt. Er erreicht dadurch die gewünschte Mattigkeit im Glanz, und durch die Zugabe von pompejanisch Rot im Poliertuch bleibt in den schmalen Stegen und Rillen ein rotbrauner Ton haften. Auch das Acrylglas zeigt zwei verschiedene Eigenschaften. Während die Silhouetten randlos und nach der Vorzeichnung mit der Hand ausgesägt werden, bearbeitet Antes die Linien der Binnenzeichnung wie eine Radierplatte: mit der kalten Nadel. Die sparsamen, scharfen Striche erscheinen wie gerissen und je nach Lichteinfall einmal dunkel oder milchig hell. Sobald aber ein Ensemble in einen Kasten gestellt ist, verändern sich noch einmal die Qualitäten von Goldblech und Acrylglas: das erste scheint noch stärker entmaterialisiert, das letztere - umgekehrt - von dichterer, membranartiger Substanz, bei aller Transparenz." (Klaus Gallwitz, in: Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Ausst.Kat., Frankfurt/M. 1983, o.S.)

Provenance

private collection Werner Haftmann, Berlin

Exhibitions

Karlsruhe 1995/1996 (Städtische Galerie im Prinz-Max-Palais), Emden 1996 (Kunsthalle), Horst Antes, Arbeiten, Sammlungen 1959-1995, exhib.cat. No.159, p.111 with ill.
New York 1984/1985 (Solomon R. Guggenheim Museum), Horst Antes Votives
Frankfurt/M. 1983 (Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut), Horst Antes, 25 Votive, exhib.cat. no.24 with col.ill.