Adolph von Menzel - PORTRAIT OF A MAN IN A RENAISSANCE COSTUME - image-1

Lot 1402 Dα

Adolph von Menzel - PORTRAIT OF A MAN IN A RENAISSANCE COSTUME

Auction 987 - overview Cologne
19.11.2011, 00:00 - Old Masters
Estimate: 35.000 € - 45.000 €
Result: 43.560 € (incl. premium)

Adolph von Menzel

PORTRAIT OF A MAN IN A RENAISSANCE COSTUME

Chalk, heithtened with white on paper. 44,5 x 31,5 cm.
A.M. 30 Nov:/61.

German catalogue text:
Das hier vorgestellte Bild galt in der Menzel-Literatur lange als verschollen. Nachdem es im Winter 1997 als Leihgabe der in Berlin stattfindenden Menzel-Ausstellung zur Verfügung gestellt worden war, schrieb Claude Keisch über diese kostbare Wiederentdeckung: " In das Kerngebiet des Historismus führt ein großes Pastell zurück, das Brustbild eines Mannes mit Renaissancebarett (zu dem es einst ein weibliches Pendant gab). Dieser Zuwachs zur letzten Station der Menzel-Ausstellung ist unter zwei ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten aufregend. Zum einen durch die fast dreiste Selbstverständlichkeit, mit der sich der Maler des 'Balkonzimmers' in die Tradition eines Tizian stellt. Solche Stilmimetismen - eher auf die altdeutsche Malerei oder auf Raffael bezogen - waren zu Anfang des Jahrhunderts am Rande der Romantik durchgeübt worden. Jetzt zeugen der hohe Grad der Einfühlung, die Glaubhaftigkeit, mit der eine Renaissancemedaille zum Leben erweckt wird, eher von einem - bewußten, parodistischen? - Verlust des Abstandes und damit paradoxerweise des historischen Bewußtseins selbst. Das große Pastell, das mit kleinen Deckfarbenretuschen Menzels Wechsel von der in den vierziger und fünfziger Jahren bevorzugten Technik zu einer nächsten dokumentiert, ist auf den 30. November 1861 datiert: wenige Wochen zuvor hatte er den Auftrag erhalten, die Krönung Wilhelms I. zu malen!"
Die Geschichte dieses wunderbaren Bildes kann als symptomatisch für die Geschichte des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden: 1925 kam es in den Besitz des Breslauer Rechtsanwalts und Bankiers Joseph Dienstfertig, der gleichzeitig der Vorsitzende der mitgliederstarken jüdischen Gemeinde Breslaus war. 1937 wurde der Sammler mit seiner Familie in die Emigration gezwungen. Es gelang ihm, einige Stücke aus seiner bedeutenden Sammlung zu retten, darunter die hier vorliegende Arbeit von Menzel. Die Niederlande und Großbritannien waren Stationen auf einem Fluchtweg, der schließlich in die USA führte. Unter Besinnung auf seine Herkunft stellte der Sohn des aus seiner Heimat Vertriebenen den "Mann in Renaissancetracht" der Berliner Menzel-Ausstellung zur Verfügung; seine Leihgabe wollte er als eine Geste der Versöhnung verstanden wissen.

Certificate

G. J. Kern, Berlin (1925, copy).

Provenance

Collection of Dr. M. Fränkel, Berlin. - Collection of lawyer Joseph Dienstfertig, Breslau. - Collection of Amb. John G. Dean, Paris.

Literature

Hugo von Tschudi u.a.: Das Menzel-Werk, Munich 1905, p. 276, no. 406. - Claude Keisch, in: Museumsjournal, 11. issue, April 1997, p. 65 (with colour illustration.).

Exhibitions

"Adolph von Menzel", Gedenkausstellung (Memorial exhibition), Berlin, Nationalgalerie, 1905. - "Adolph Menzel 1815-1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit", Berlin, 1996/97 (not in catalogue).