Auktionshaus Lempertz zeigt historische Preziosen aus Preußen

Der Tagesspiegel vom 13. Mai 2020: Lempertz in Berlin macht mit 300 Objekten einen Schaulauf durch die preußische Geschichte. Der Besuch der Vorbesichtigung lohnt sich.

Auktionshaus Lempertz zeigt historische Preziosen aus Preußen

Von Christiane Meixner

Lichte Momente bietet diese Vorbesichtigung im Wortsinn. Wer bei Lempertz in Berlin die knapp 300 Lose der „Preußen-Auktion“ in Augenschein nimmt, steht unter anderem vor einem Nachtlicht aus der Königlichen Porzellanmanufaktur (KPM) in Form einer klassizistischen Vase.

Nur die blütenförmigen Durchbrüche am unteren Henkelrand, durch die das Kerzenlicht schien, verraten etwas über die Funktion des Objekts. Auch im Fall des Deckenleuchters, der bei KPM Ende des 19. Jahrhunderts aus Porzellan und feuervergoldeter Bronze zum hängenden Blumenbouquet montiert wurde, scheint der Nutzen als Lichtspender nachgeordnet: In erster Linie beeindruckt das Dekor.

Es sind solche musealen Stücke, die einen Besuch auch dann lohnen, wenn man keine 40 000 Euro in den Erwerb historischer Preziosen investieren kann oder will. Der Schaulauf der Geschichte beginnt mit Berliner Fayence aus dem frühen 18. Jahrhundert.

Große Deckelvasen und ein Orangenkübel mit Familienwappen, die das begehrte Porzellan aus Fernost imitierten und deshalb mit blauen Chinoiserien geschmückt wurden, mit chinesischen Landschaften und Figuren.

Eine Tapisserie aus der Berliner Manufaktur Charles Vigne füllt bei Lempertz eine Wand. Vigne ließ nach 1925 im königlichen Marstall an 26 Webstühlen arbeiten und versuchte, Friedrich Wilhelm I. zur Bevorzugung heimischer Produkte zu bewegen.

Vergeblich – obwohl die Motive nach Gemälden von Antoine Watteau französisches Lebensgefühl nach Preußen importierten. Platz beanspruchen ebenso die voluminösen Kommoden der Halbbrüder Spindler, die um 1763 nach Berlin zogen und bald in Potsdam das Arbeitszimmer von Friedrich II. ausstatten durften.

Friedrich der Große taucht schließlich auch im Deckelinnern einer der Tabakdosen mit ihren detailverliebten Miniaturmalereien auf, die ein weiteres Thema bei Lempertz sind; die wertvollste stammt ebenfalls von KPM.

Vielfarbiger Kerzenleuchter als Highlight

Mit den Möbeln, zu denen noch zwei Beistelltische aus der Spindler-Werkstatt kommen, erweitert Lempertz sein Auktionsangebot. Bisher bestand es überwiegend aus Porzellan, das auch diesmal die tragende Rolle spielt.

Ein zweiflammiger, vielfarbiger Kerzenleuchter, der 1763 in Meissen nach einem Modell von Johann Joachim Kaendler entstand, zählt zu den Highlights, genau wie eine weiß-goldene Prunkkanne mit dem Bildnis der Kaiserin Augusta, das von schwebenden Figuren gehalten wird.

Sie stammt aus dem späten 18. Jahrhundert und leitet über in die Kaiserzeit, die in ebenfalls sehenswerten KPM-Vasen und einem raren Tafelaufsatz von 1901 mündet: floral und deutlich vom Jugendstil inspiriert.

Fast ein Jahrhundert zurück reist man mit Blick auf eine große Marmorschale, die um 1810 in Norditalien entstand. Auf den ersten Blick fällt ihr antikisierender Stil auf, der Entwurf soll von Karl-Friedrich Schinkel stammen.

Ihr ganzer Zauber entfaltet sich, wenn Licht von oben in das Gefäß fällt. Dann sieht man nicht bloß, wie dünn der weiße Carrara-Marmor tatsächlich ist. Die Schale beginnt von innen zu leuchten und wirkt plötzlich fast transparent. Ein lichter Moment auch das.