Lot 932 Dα

Der "Kniende vom Brunnen" ist in seinen verschiedenen Varianten das Hauptwerk des belgischen Jugendstilkünstlers. Eine erste kleine Fassung entstand bereits 1896. Zwei Jahre später schuf Minne drei Versionen des Knienden, eine wurde ausgewählt für die Gestaltung des Brunnens in der Eingangshalle des Folkwangmuseums in Hagen. Henry van de Velde hatte dort die Innengestaltung übernommen und Karl Ernst Osthaus seinen Landsmann empfohlen. Die Marmorfigur für Folkwang wurde fünffach in identischer Ausführung an dem runden Beckenrand installiert, und so spiegelte sich der Jüngling, Narziß gleich, vielfach in der Wasserfläche.
Neben den Marmorfassungen dieser Figuren ließ Minne auch Bronzegüsse anfertigen. Vor allem durch dieses Werk, den "Knienden vom Brunnen", wurde Minne in Deutschland bekannt. Mit ihr übte der belgische Bildhauer in seiner Zeit auf andere Künstler nachhaltigen Einfluß aus, so löste sich beispielsweise Wilhelm Lehmbruck unter dem Eindruck von Minnes Werken aus dem Bannkreis Maillols. Käthe Kollwitz und Milly Steger suchten Minne am Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn auf und Oskar Kokoschka schrieb in seinen Erinnerungen: "So eindrucksvoll die Bilder von van Gogh, Gaugin, den Fauves, die ganze Übersicht über die moderne Kunst [...] waren, die Skulpturen Minnes haben mich am meisten beeindruckt. [...] Unter der Oberfläche bewegte sich im Innern dieser Knabenfiguren etwas wie die Spannung, die in der Gotik den Raum beherrscht, ja den dreidimensionalen Raum erst erschafft [...]." (Oskar Kokoschka, Mein Leben, München 1971, S. 56)