Raymond Hains - Ohne Titel - image-1

Lot 642 D

Raymond Hains - Ohne Titel

Auction 897 - overview Köln
30.11.2006, 00:00 - Zeitgenössische Kunst
Estimate: 80.000 €
Result: 89.250 € (incl. premium)

Raymond Hains

Ohne Titel
1959

Abrisscollage auf Litfaßsäulenblech. 100 x 86 cm. Unten links mit Bleistift signiert und datiert Hains 1959

Raymond Hains gehörte unter anderem mit Arman, Jean Tinguely und Daniel Spoerri zur Pariser Künstlergruppe der Nouveaux Réalistes. Hains war bemüht unter Verzicht auf malerische Mittel sozial- und medienkritische Inhalte zu vermitteln. Gleichzeitig sollte künstlerische Subjektivität im Bild vermieden werden. Bereits Ende der 1940er Jahre hatte er mit der Technik der Décollage begonnen. Hierbei werden übereinander geklebte, teils verwitterte Plakate partiell abgerissen und freigelegt, um so eine Collage entstehen zu lassen. Die metallenen Reklameflächen, auf denen die Plakate im öffentlichen Raum zu finden waren, wurden seit 1959 Teil des Kunstwerks. Raymond Hains betrachtete seine Technik als eine Art von Readymade-Malerei.
Roberto Ohrt schreibt über diese Plakatabrisse: "Anders als Rotella oder Jorn suchte Hains an den Plakatflächen den letzten Fetzen, den Rest, nach dem fast nichts mehr zu sehen war; es sind die ärmsten und zugleich die abstraktesten Plakatabrisse. Sie erinnern sogar an Clifford Still, wären sie nicht so sachlich." (Roberto Ohrt, Raymond Hains, Ein Gast auf Durchreise, in: Raymond Hains, Akzente 1949-1995, Ausst.Kat. Museum für moderne Kunst Stiftung Ludwig, Wien 1995, S.21.)
"Die Abnahme dieser Plakatwände stellte selbst einen illegalen Akt dar, der nur nachts bei vorsichtigen Streifzügen möglich war. Der Künstler wurde in den 'Plakatabrissen' vom klassischen Maler zu einem Detektiv, der in der Stadt herumpirschend nach 'aufgeplatzten Stellen' der Wirklichkeit Ausschau hielt, um sie zu fotografieren, zu filmen oder abzunehmen. Und Sinn machten die Plakatabrisse für Hains, wie auch für Villeglé und Dufrene, nur insofern als eine Fläche, die ironischerweise an ein herkömmliches Tafelbild erinnerte, als solche und ohne weiteres Zutun des Künstlers weitreichende politische und soziale Vorgänge der Gesamtgesellschaft ablesbar machte: der Plakatabriß bleibt untrennbar von den Dutzenden anonymen Passanten, die aus dem einen oder anderen Grund ein Plakat teilweise abrissen, während andere Akteure des gesellschaftlichen Lebens auf der gleichen Fläche die Plakate meist illegal angebracht hatten. [...] Mit den zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen, die die "Nouveaux Réalistes" in den Jahren ab 1960 kollektiv oder einzeln bestritten, erlebte er dann zu seiner eigenen Überraschung den durchschlagenden Erfolg dieser Arbeiten, die - weitgehend ohne sein Zutun - zu einem der bekanntesten europäischen Kunstwerke der sechziger Jahre aufstiegen. Mit Plakatabrissen, die 1959 in Paris noch einen regelrechten Skandal auslösten, ist Hains heute in privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten." (Robert Fleck, Raymond Hains, in: Raymond Hains, Akzente 1949-1995, Ausst.Kat. Museum für moderne Kunst Stiftung Ludwig, Wien 1995, S.58.)

Provenance

Privatbesitz, Deutschland