Valerius de Saedeleer - Tempelhof onder de Sneeuw (Sint-Martens-Latem) - image-1

Lot 273 D

Valerius de Saedeleer - Tempelhof onder de Sneeuw (Sint-Martens-Latem)

Auction 923 - overview Köln
28.05.2008, 00:00 - Moderne Kunst
Estimate: 60.000 € - 80.000 €
Result: 99.600 € (incl. premium)

Valerius de Saedeleer

Tempelhof onder de Sneeuw (Sint-Martens-Latem)
Um 1925

Öl auf Leinwand 124,5 x 130 cm Unten rechts signiert - Mit Craquelé und zwei kleinen Retuschen im Bereich des Hauses

Etwa 10 Kilometer südlich von Gent liegt Sint-Martens-Latem, eine Gemeinde, in der sich Ende des 19. Jahrhunderts junge Künstler niederließen und im gemeinschaftlichen Leben und Arbeiten ihre künstlerische und stilistische Entwicklung vorantrieben. Zu der ersten Generation, den sogenannten 'Mystikern' gehörten Albert Servaes, Albijn Van den Abeele, Gustaaf Van de Woestyne, George Minne und Valerius de Saedeleer. Auf der Suche nach der unberührten Natur und dem beschaulichen Leben fern von den unsicheren wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen in der Großstadt Gent suchten die Künstler in Sint-Martens-Latem nach "Werten wie Einfachheit, Reinheit, Verinnerlichung und tieferer Wirklichkeit, die weiter reicht, als die äußerliche Erscheinungsform der Dinge. So wollten sie auf eine mystische Weise näher an den Hauch des Göttlichen herankommen. Hieraus erwuchs ihre Bewunderung für das Mittelalter." (Ausst. Kat. Sint-Martens-Latem - Worpswede 1996, op.cit., S. 18)
1884 studierte Valerius de Saedeleer an der Genter Akademie für Schöne Künste und freundete sich mit George Minne an. Im Jahr darauf zog er nach Brüssel und begann eine Lehre bei dem Landschaftsmaler Franz Courtens, dem Leiter der Dendermonder Landschaftsschule, weil ihm der akademische Lehrbetrieb nicht zusagte. In Sint-Martens-Latem ließ er sich schließlich "hinter der Kirche am Ufer der Leie in dem kleinen, weißen Bauernhof neben dem Tempelhof" nieder (ebenda S. 25). Seine Liebe galt der Landschaftsmalerei; besonders weite Schneelandschaften malte er immer wieder.
Insofern handelt es sich bei dem vorliegenden Gemälde um ein für diesen Künstler sehr typisches Werk. Fast surreal mutet der erste Eindruck an, was sicherlich an der Verkehrung der Sehgewohnheiten von Bildteilen, d.h. von dunklem Boden und hellem Himmel, liegt. Hier aber dräut die nächste Schneewand über gleißendem Weiß. Dagegen heben sich wirkungsvoll die kahlen zarten Baumstämme mit ihrem detailliert wie abgestorben wirkenden Astwerk ab. Man fühlt sich an die fremdartigen stilisierten Holzschnitte etwa eines Utagawa Hiroshiges erinnert - bezieht doch der Symbolismus seine Formensprache großenteils aus der ostasiatischen Kunst. Gerade die Druckgraphik war aus wirtschaftlichen Gründen und Aspekten der Verfügbarkeit von Interesse. Aber auch die flämischen 'Primitiven', die de Saedeleer in einer Ausstellung in Brügge 1902 zugänglich waren, finden seine Aufmerksamkeit; besonders faszinierte ihn hier das Werk von Breughel. In der speziellen Mischung von asiatischen Reminiszenzen und der Verarbeitung alter flämischer Motive im Verein mit zeitgenössichen symbolistisch-surrealen Momenten liegt der besondere Reiz dieser heute selten angebotenen Winterlandschaften de Saedeleers.

Provenance

Vom Vorbesitzer beim Künstler erworben

Literature

vgl. Jean Milo, Valerius de Saedeleer, Brüssel 1934; André de Ridder, Valerius de Saedeleer en Zuid-Vlanderen, Antwerpen 1938; Hektor van de Velde, Gesprekken met Valerius de Saedeleer, Brügge/Utrecht 1943; Ausst. Kat. Sint-Martens-Latem - Worpswede. 1880-1914, Zwei Künstlerkolonien, Worpswede/Deinze 1996, S. 24 ff.; Piet Boyens, Chefs-d'oeuvre de l'art moderne belge. La collection Simon, Musée d'Ixelles-Singer Museum Laren, Brüssel 2003, Nr. 23, S. 64 (vergleichbare Komposition)

Exhibitions

Gent 1942 (Museum voor Schone Kunsten), Valerius de Saedeleer - Georges Minne (rückseitiger Rahmenaufkleber), Kat. Nr. 31; Sint-Martens-Latem 1972 (Latemse Kunstkring), Het Latemse Landschap, Kat. Nr. 15 (rückseitiger Rahmenaufkleber)