Fragen an Christine Reifenberger
"Ich „bewege” das Papier zusammen mit der Farbe aus dem Moment heraus." Interview mit der Künstlerin Christine Reifenberger.
Welcher Weg führte Sie zur Kunst. Gab es dabei für Sie ein besonderes Kunst-Schlüsselerlebnis?
CR: Die frühen Besuche in der Barockkirche in meiner Geburts - stadt Waldsassen weckten in mir tiefes Interesse für den Barock. Die organisch bewegten Wände und die teilweise grotesken Gebilde begleiten mich bis heute. Auch der selbstverständliche Übergang von Malerei ins Relief oder in die Skulptur sind Bestandteile meiner aktuellen künstlerischen Arbeit.
[…] die teilweise grotesken Gebilde begleiten mich bis heute.
Gab es darüber hinaus Leitfiguren, Vorbilder oder Idole die einen Einfluss auf Ihre künstlerische Entwicklung hatten?
CR: Die Landschaftsauffassung von Altdorfer und Caspar David Friedrich, die Radierungen von Herkules Seghers, die Scheren - schnitte von Runge, die künstlerische Entwicklung von Mondrian, um nur einige zu nennen, haben mich während meines gesamten Werdegangs begleitet.
Papier wird zu Metall, Stein, Erde, Luft, Wolke, zu einer volatilen Stofflichkeit.
Was reizt Sie an der von Ihnen gewählten Technik und welche Vorteile bietet Sie Ihnen?
CR: Die offene und poröse Oberfläche der Eitempera ist meine bevorzugte Maltechnik. In meiner Arbeit existiert ein Pendelschlag zwischen Minimalismus – das fast asiatisch anmutende scheinbare „Nichtstun“ oder „Entstehen lassen“ mit flüssigen Farbschüttungen – und dem Zulassen von verspielt wuchernden Formen, die wiederum im Geist der Energie des Barocks und Rokokos in den Okzident „zu - rückkehren“. Materialimitationen und Irritationen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Papier wird zu Metall, Stein, Erde, Luft, Wolke, zu einer volatilen Stofflichkeit. Seit ge - raumer Zeit habe ich dafür Kupfer, Aluminium, Phosphor, Schwefel und Neonpigmente in meine Arbeitspro - zesse eingebunden.
Was sind Ihre Intentionen? Wie gehen Sie vor, wenn Sie mit einem Werk beginnen?
CR: Über die Beobachtung von Naturphänomenen ist eine intensive Beschäftigung mit dem Zyklischen in meine Bildsprache eingegangen. Das Flüchtig-Bewegte, das sich in einem Moment der höchsten Konzentration zum Bild verdichtet, reflektiert die in meiner Arbeit dominierenden Aspekte von Licht, Geste, Raum und Materialität. Ich „bewege“ das Papier zusammen mit der Farbe aus dem Moment heraus.
Dies geschieht in einem Akt der Form und Farbsetzung. Papierarbeiten werden im malerischen Prozess zu Fragmenten und plastischen Gebilden. Zerstörung und Auflösung des Papiers wird dabei in Kauf genommen und zum bildnerischen Element. Durch Wölbungen, Drehungen und Faltungen werden sie zu Objekten. Malerei wird Form gewordenes Material, Momentaufnahmen eines Zwischenzustandes, scheinbar jederzeit bereit sich zu bewegen, sich aufzulösen oder zu transformieren.
Ich „bewege” das Papier zusammen mit der Farbe aus dem Moment heraus.
Beschreiben Sie uns wie ein typischer Arbeitstag aussieht?
CR: Neben administrativen Tätigkeiten lege ich im Atelier über den Tag verteilt zwei Arbeitseinheiten von ca. drei Stunden ein. Nach Trocknungsprozessen kann ich dann mit weiteren Arbeitsphasen beginnen.
Woran arbeiten Sie im Augenblick?
CR: Derzeit arbeite ich an einer neuen Serie dreidimensionaler Papierobjekte.
Nur das sammeln, was wirklich berührt.
Sammeln Sie selber Kunst? Können Sie sich an das erste Kunstwerk erinnern, welches Sie erworben haben?
CR: Im Laufe der Jahre entstand eine kleine Kunstsammlung, die überwiegend durch den Tausch mit Arbeiten von Kollegen zustande kam.
Was würden Sie gerne jungen Kunstinteressierten und Sammlern mit auf den Weg geben?
CR: Nur das sammeln, was wirklich berührt.