Lot 256 Dα

Als opulent ausgeführtes Pastell ist diese „Zeichnung" von Henry de Groux sowohl formal als auch inhaltlich ein exemplarisches Werk des Belgischen Symbolismus. Die Künstler dieser Epoche legten Wert auf eine raffinierte, aufwendig durchgearbeitete Technik und einer komplexen Komposition - vielleicht sogar im bewussten Gegensatz zu der raschen Plain-Air-Malerei der Impressionisten. Zugleich aber ist dieses Werk inhaltlich und durch die Botschaft, die es transportiert, eine Inkunabel des Symbolismus. Nicht nur für de Groux, aber speziell für ihn, waren Richard Wagners Bühnendramen und das Pathos seiner mystischen Figuren mit ihren dunklen Träumen von Tod und Erlösung, eine wichtige Inspirationsfigur.
Diese monumentale und detailreiche Zeichnung geht auf Wagner Oper „Der Fliegende Holländer zurück". Die weibliche Gestalt des Bildes ist Senta, deren selbst erlegte Bestimmung es war, den verdammten Holländer zu erlösen. Nur alle 7 Jahre war diesem ein kurzer Aufenthalt an Land vergönnt. Fände er dort eine Frau, die ihm treu bliebe, so wären er und seine Mannschaft von ihrem Bann erlöst. Bei der ersten Begegnung träumt und fühlt sich Senta berufen, den Verdammten zu erlösen, aber die Geschichte endet nicht gut. Der Holländer zweifelt an Sentas Treue und steigt auf sein Schiff. Senta ruft laut nach „Treu bis zum Tod" und stürzt sich ins Meer. Augenblicklich versinkt das Schiff des Holländers und ist erlöst. In einer späteren Korrektur des Schlusses sieht man zur Musik mit dem „Erlösungsmotiv" den Holländer und Senta aus dem Meer zum Himmel aufsteigen.