Barthel Beham - BILDNIS EINER FRAU AM SPINNRAD. - image-1

Lot 1006 Rα

Barthel Beham - BILDNIS EINER FRAU AM SPINNRAD.

Auction 880 - overview Köln
18.11.2005, 10:30 - Alte Kunst
Estimate: 30.000 € - 35.000 €
Result: 38.080 € (incl. premium)

Barthel Beham

BILDNIS EINER FRAU AM SPINNRAD.

Das hier vorliegende Gemälde Behams wird seinem "Bildnis eines rechnenden Mannes" im Kunsthistorischen Museum, Wien, an die Seite gestellt (K. Löcher: "Beide sind 1529 datiert und unbezeichnet. Sie gehören nicht als Gegenstücke zusammen, atmen aber dieselbe Gesinnung und zeigen denselben Stil"). Beide Bilder wurden von der Bildniskunst der Niederländer angeregt (vgl. M. van Heemskercks Bildnisse des Ehepaars Pieter und Anna Bicker, im Rijksmuseum, Amsterdam, die wiederum auf einen Holzschnitt in dem 1476 erschienenen Buch "Nützliche Lehre und Predigt" und auf einen Holzschnitt Lucas van Leydens zurückgehen). Ebenfalls von 1529 stammt Behams "Bildnis einer Dame" in der Samuel H. Kress Foundation im Denver Art Museum, Denver. - K. Köcher schreibt in seinem Werkverzeichnis (S. 94) über unser Bild und das Wiener Herrenbildnis: "Die Annahme, daß Barthel Beham die Bildnisse gemalt hätte, ist ein Ergebnis kunstgeschichtlicher Stilbestimmung.... Der Vorschlag, die genannten Bildnisse als westdeutsch auszugeben, um damit die Frage ihrer Nähe zur niederländischen Malerei zu beantworten, leuchtet nicht ein. Schon die Tatsache, daß das Wiener Männerbildnis nicht auf das in den Niederlanden gebräuchliche Eichen-, sondern auf Lindenholz gemalt ist, das der Frau am Spinnrad aber auf Nadelholz, spricht für eine eher süddeutsche Herkunft. Mehr noch bezeichnen die Bilder einen Bewußtseinsstand, der als Voraussetzung in Behams Schaffen der Folgezeit nachwirkt". Löcher sieht diese Bildnisse als künstlerische Resultate einer Reise Behams in die Niederlande, wo der Maler Lucas van Leyden und dessen Kunst begegnete.
Beham, der in erster Linie als Bildnismaler und Kupferstecher tätig war, gehört, so K. Löcher, "zu einer Künstlergeneration, die nur noch geringe oder gar keine Bindungen mehr an das Mittelalter hatte, sich vielmehr aus Neigung, aber auch infolge der bilderfeindlichen Tendenzen der Reformation humanistischer Thematik und antikisierender Formensprache zuwandte, das moralische dem religiösen Element vorzog und im übrigen dem wachsenden Bedarf an Porträts mit kühlem Interesse entgegenkam" (in: Barthel Beham, München/Berlin 1999, S. 181).

Provenance

Slg. Konsul Eduard Weber, Hamburg; Privatsammlung, Mailand; Slg. Chillingworth, Nürnberg; Auktion Fischer, Luzern, 1922; Privatsammlung, Zürich; bis vor kurzem als Depositum im Kunsthaus, Zürich.

Literature

Kat. "Gemälde und Skulpturen 1430-1530, Schweiz und angrenzende Gebiete", Kunsthaus, Zürich, 1921, Nr. 173 (als G. Pencz); W. Wartmann, Tafelbilder des XV./XVI. Jahrhunderts 1430-1530, Schweiz und angrenzende Gebiete, Zürcher Kunstgesellschaft, Neujahrsblatt 1922, S. 43, Abb. 54; Auktion Slg. Chillingworth, Fischer, Luzern, 05.09.1922, Nr. 73, mit Abb.; S. Reinach, Répertoire de Peinture du Moyen Age et de la Renaissance (1280-1580), Bd. 6, Paris 1923, S. 210, Abb. 2; E. Auerbach, Die deutsche Bildnismalerei im 16. Jahrhundert in Franken, Schwaben und Bayern (Phil. Diss.), Frankfurt/Main 1925, S. 132f.; N. von Holst, Die deutsche Bildnismalerei zur Zeit des Manierismus (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 273), Straßburg 1930, S. 57; A. Riegl, Das holländische Gruppenporträt, hrsg. von K. M. Swoboda und kommentiert von L. Münz, Wien 1931, S. 45; Apollo, 1935, Gutachten M. J. Friedländer: G. Pencz; L. Baldass, Zur Bildniskunst der Dürerschule, Bd. II, Die Bildniskunst des Jörg Pencz und Bartel Beham, in: Pantheon, Bd. 26, 1940, S. 258, Abb. S. 256; L. Fudickar, Die Bildniskunst der Nürnberger Barthel Beham und Peter Gertner (Phil. Diss.), München 1942, S. 37, Kat. Nr. 48 (als: Rheinischer Meister); K. Löcher, Studien zur oberdeutschen Bildnismalerei des 16. Jahrhunderts, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg, Bd. 4, 1967, S. 52-56; G. von der Osten und H. Vey, Painting and Sculpture in Germany and the Netherlands 1500 to 1600, The Pelican History of Art, Bd. 31, London 1969, S. 231; G. von der Osten, Deutsche und niederländische Kunst der Reformationszeit, Köln 1973, S. 251; K. Löcher, Bildnismalerei des späten Mittelalters und der Renaissance in Deutschland, in: Kat. "Altdeutsche Bilder der Sammlung Georg Schäfer", Schweinfurt, 1985, S. 47; Kat. "Kunst voor de Beeldenstorm", Rijksmuseum, Amsterdam, 1986, bei Kat. Nr. 71.1-2, Abb. 71b (als G. Pencz); K. Löcher, Barthel Beham, in: Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 8, 1994, S. 288f.; Ders., K. Löcher, Barthel Beham, Ein Maler aus dem Dürerkreis, München/Berlin 1999, S. 213, S. 89-94, Abb. 82 und S. 213, WVZ-Nr. 68.