Maurice de Vlaminck - Ballon à Pontoise - image-1

Lot 424 D

Maurice de Vlaminck - Ballon à Pontoise

Auction 896 - overview Köln
29.11.2006, 00:00 - Moderne und Zeitgenöss.Kunst
Estimate: 40.000 € - 50.000 €
Result: 80.920 € (incl. premium)

Öl auf Leinwand 38 x 46,5 cm, gerahmt. Unten links schwarz signiert Vlaminck. - Rückseitig auf dem Keilrahmen mit mehreren Papieretiketten versehen, u.a. eines handschriftlich mit Tinte bezeichnet "F. Düsseldorf", ein Etikett nur noch partiell lesbar bezeichnet "Nr. 24224 Vlaminck [?]", eines maschinenschriftlich "B D 109 42 Ede VLAMINCK Der Luftballon vormals Slg. Graf York von Wartenb [?]" und auf der oberen Rahmenleiste mit einem gedruckten Etikett des Kunstvereins Hannover "K.V.H. 219". - Am Oberrand mit zwei sehr kleinen, fachmännisch restaurierten Farbausbrüchen.

In seinen Lebenserinnerungen bedauert Maurice de Vlaminck die umfassenden Möglichkeiten der modernen Zivilisation gerade im Hinblick auf das Reisen, bzw. des problemlosen Erreichens von Reisezielen, die dem bildenden Künstler keinen Imaginationsspielraum mehr eröffnen:
"Die neuen Mittel, über die das moderne Leben verfügt, die es dem Reisenden ermöglichen, von einem Land ins andere zu gelangen, von Nord nach Süd und von West nach Ost zu kommen, alle Zerstreuungen und Verführungen, die seiner Hand und seinem Geiste geboten werden, sie alle vernichten schnell die schöpferischen Möglichkeiten selbst des begabtesten Künstlers. [...] Das Neue, das man entdeckt, mag man auch die ganze Welt durchqueren, sind doch nur oberflächliche Impressionen eine Touristen! Das Ergebnis ist leichte Ware, die ohne Risiko und ohne Anstrengung entsteht, denn was man auch unternehme, die wirklichen schöpferischen Möglichkeiten trägt man in sich und bei sich, im Kopf, im Herzen, in seinem Gepäck." (Rückblick in letzter Stunde. Menschen und Zeiten, St. Gallen 1965, S. 87)
Vor dem Hintergrund dieses befürchteteten Phantasieverlusts durch eine erhöhte Mobilität, wie sie etwa das Auto oder das Kino mit sich brachten, mutet das angebotene Gemälde geradezu wie ein Sinnbild seiner Zivilisationskritik an - jenseits der Schilderung eines tatsächlichen Ereignisses. Die Fahrt mit dem Heißluftballon, der in den 1780er Jahren von den Gebrüdern Montgolfier in Frankreich entwickelt worden war, erschien den Verantwortlichen zuerst als derart bedenklich, daß als Passagiere ein Huhn, eine Ente und ein Schaf in den Korb gesetzt wurden. Knapp 150 Jahre später hatte das Abenteuer einer Ballonfahrt für Vlaminck ganz offensichtlich nichts von seinem Reiz eingebüßt, war es doch nach wie vor ein eher schwer zu steuerndes Gefährt. Das Reiseziel war weder bestimmt, noch schnell erreichbar, und die Ballonfahrt bei schlechtem Wetter war auch kein reiner Spaß. So vermitteln die grau verhangenen tiefen Wolken und die signalrote Farbe der umliegenden Hausdächer eine dräuende Gefahr, die zu bannen vermutlich auch der im Zentrum stehende Priester nicht in der Lage sein wird. Wie soeben erst gestartet, ist der Fahrer doch schon deutlich kleiner, als die am Boden Zurückgebliebenen. Ballon und Gondel, feierlich mit den französischen Farben geschmückt, beherrschen das Bildzentrum; zwei Drittel des Bildformats sind dem Himmel in seiner ganzen dramatischen Inszenierung vorbehalten.

Certificate

Mit einem Zertifikat des Wildenstein Instituts, Paris, vom 3. Oktober 2006
Das Werk wird in das vom Wildenstein Institut in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Gemälde von Maurice de Vlaminck aufgenommen (Ref. Nr. 3671)

Provenance

Sammlung Carlotta Hasse, Bremen (durch Empfehlung von Leopold Reidemeister)

Literature

Veröffentlichungen des Kunstarchivs Nr. 20, Berlin 1926, Maurice de Vlaminck, S. 24 mit ganzseitiger Abb. (Ausst. Kat. Berlin 1926 Galerie Alfred Flechtheim); Georges Duhamel, Maurice de Vlaminck, Paris 1927, Tafelteil

Exhibitions

Berlin 1926 (Galerie Flechtheim), Maurice de Vlaminck, Kat. Nr. 23 "Der Luftballon", S. 24 mit Abb. (mit rückseitigem Rahmenaufkleber)